Viele Mutmassungen gingen der Übernahme des «Landboten» voraus, seit im April bekannt geworden war, dass die Tageszeitung in der zweitgrössten Stadt des Kantons Zürich zum Verkauf steht. Von Absichten Christoph Blochers war die Rede, auch die «NZZ» wurde ins Spiel gebracht.
Für knapp 50 Millionen Franken erhält nun die Zürcher Tamedia den Zuschlag. Sie kontrolliert damit 90 Prozent der Firma.
Mit dem «Tages-Anzeiger» ist Tamedia bereits stark auf dem Platz Winterthur vertreten. Warum dieser Zukauf? Tamedia-Verleger und Verwaltungsratspräsident Pietro Supino antwortet: «Wir haben diesen Kauf nicht aktiv gesucht. Es waren die Eigentümer, die ihr Unternehmen verkaufen wollten.» Natürlich sei die Tamedia jetzt stolz, gehöre der «Landbote» mit seiner langen Geschichte zu ihrem Unternehmen. «Der ‹Landbote› wird die Mediengruppe bereichern.»
Ende der Unabhängigkeit
Neben der «Basler Zeitung» galt der «Landbote» als eine der letzten grösseren Tageszeitungen der Schweiz, die noch unabhängig war von einem Grossverlag. Wie gross ist der Verlust einer weiteren, eigenständigen Zeitung für die Schweiz? Heinz Bonfadelli, Publizistikprofessor an der Uni Zürich, sagt: «Unter dem Gesichtspunkt der publizistischen Vielfalt ist das tatsächlich problematisch.»
Gleichzeitig müsse man wissen, dass Zeitungen seit längerem mit schwindenden Leserzahlen zu kämpfen haben, so der Professor, der selbst in Winterthur lebt und den «Landboten» liest. Das schlage sich auch auf die Werbeeinahmen nieder. Medienpolitisch stelle sich deshalb die Frage: «Wie kann ein Mindestmass an Vielfalt auch im Pressebereich finanziert werden?»
Verantwortung als Motivation
Mit diesem Kauf übernehme man auch eine Verantwortung. «Und das ist die eigentliche Motivation», sagt Verleger Supino. Die Tamedia bezeichnet den «Landboten» als starke Ergänzung der Zürcher Regionalzeitungen.
Mit der Übernahme gehen gemäss Mitteilung sämtliche Aktivitäten und Mitarbeitende der Ziegler Druck- und Verlags AG an die Tamedia über. «Es wird sich nichts verändern», bestätigt der Verwaltungsratspräsident Supino. Aber die Strukturen müssten den heutigen Gegebenheiten angepasst werden.
Bereits seit 2005 hielt die Tamedia einen Anteil von 20 Prozent. Zudem hatten die beiden diese Partnerschaft erst vor drei Jahren erneuert. «Wir waren entsprechend überrascht und unglücklich, als wir erfahren haben, dass unsere Partner ihren Teil verkaufen wollen», sagt Supino. Nun entschied Tamedia, selbst zuzuschlagen.
Inlandteil von der «Berner Zeitung»
In der kantonalen Berichterstattung soll der «Landbote» eng mit «Zürcher Unterländer», «Zürcher Oberländer» und «Zürichsee-Zeitung» zusammenarbeiten. Die Redaktion bleibt aber in Winterthur. Einen Teil des Mantels – nationale und internationale Themen – liefert neu die «Berner Zeitung». Die Zeitung gehört ebenfalls zur Tamedia-Gruppe.
Für die Aktien der zusätzlichen 70,5 Prozent zahlte die Tamedia 49,6 Millionen Franken. Immobilien und Zusatzfonds hat Tamedia mit 35 Millionen Franken bewertet. Die Wettbewerbskommission muss die Übernahme noch absegnen. Der «Landbote» hat eine Auflage von 32'000 Exemplaren. Die Ziegler Druck- und Verlags AG wurde 1836 gegründet.