44 Hotel- und Gastrobetriebe aus Graubünden und dem Tessin wollen sich ab kommendem Winter die Mitarbeiter teilen.
Das von der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur lancierte Projekt «Mitarbeiter-Sharing» wurde am Donnerstag vorgestellt .
Bardhyl Coli hat sich vor gut einem Jahr für eine ähnliche Lösung entschieden. Nachdem er seit 2012 Direktor des Waldhotels in Davos war, weitete er zusammen mit seiner Partnerin Maria Redlich die Tätigkeit auf das Hotel Vitznauerhof am Vierwaldstättersee aus. Neu öffnet das Direktionspaar das Waldhotel in Davos nur noch für die Wintersaison – während der Sommersaison betreiben die Beiden das Hotel in Vitznau.
SRF News: Können Sie die «Win-Win-Win»-Prognose – sprich, dass von diesem Projekt sowohl Angestellte, Betrieb sowie Kantone profitieren sollen – aufgrund Ihrer Erfahrungen bestätigen?
Bardhyl Coli: Für den Betrieb und die Angestellten zeichnet sich eine sehr erfreuliche Entwicklung ab. Für den Betrieb scheint sich das Ziel einer besseren Rentabilität zu verwirklichen. Wir haben nun beispielsweise Gäste, die aufgrund Ihres Aufenthaltes hier in Vitznau nun im Winter auch erstmals in unser Hotel nach Davos kommen.Längerfristig sind wir auch davon überzeugt, durch das «Sharing» neue Perspektiven für Investitionen geschafft zu haben.
Es ist schwierig, in der Gastronomie gute Angestellte längerfristig zu binden. Mit der Möglichkeit, nun Leute während 365 Tage beziehungsweise zwei Saisons anzustellen, haben die Arbeitsplätze an Attraktivität gewonnen. «Im Winter im Schnee und im Sommer am See» – die Dynamik und Flexibilität dieses Mottos begrüssen auch viele potenzielle Arbeitskräfte. Der Zusammenschluss begründete zudem neue Positionen – somit werden schnellere Karriereaufstiege möglich. Schliesslich gehen wir davon aus, die Arbeitslosenkassen der Kantone zu entlasten, da wir mehr Angestellte länger als nur für eine Saison anstellen.
Begrüssen Sie das neu lancierte Projekt oder fürchten Sie dadurch eine höhere Konkurrenz?
Das Projekt ist begrüssenswert: es öffnet den Markt, fördert die Innovation und dürfte weitere Kooperationsmöglichkeiten schaffen. Allerdings müssen sich die Beteiligten bewusst sein, dass es kein leichtes Unterfangen ist, ein passendes Partnerhotel zu finden. Die Besitzer, die Geschäftsleitung aber auch die Mitarbeiter der Hotels müssen mit einem «Sharing» einverstanden sein – zudem braucht es Investitionen.
Sind in Ihrem Betrieb durch die neue Strategie nun weniger Saisoniers und mehr Angestellte mit unbefristeten Arbeitsverträgen tätig?
Bei Kaderstellen versuchen wir die neue Situation zu nutzen, um mehr Leute unbefristet anzustellen. Bei den einzelnen Mitarbeitern sind es meist Arbeitsverträge über sechs Monate. Meiner Meinung nach sollten mindestens die Hälfte der Mitarbeiter im Sinne der Qualitätssicherung während beiden Saisons im Betrieb bleiben. Doch befinden wir uns am Anfang des «Sharing» – Anstellungen über die ersten beiden Saison hinaus sind derzeit noch schwierig einzuplanen. So behalten wir uns aktuell das Recht vor, die Angestellten vorerst über die Sommersaison anzustellen und ihnen je nach Zufriedenheit zu offerieren, die Anstellung für die Wintersaison zu verlängern. Als wir das Hotel in Davos während der Sommersaison noch offen hatten, musste ich den Personalbestand im Unterschied zur Wintersaison von 42 auf 35 Mitarbeiter reduzieren. Ziel ist es nun, die Anzahl Mitarbeitende über beide Saisons hinweg konstant zu halten.
Hilft Ihnen das «Sharing» auch, den erschwerten Umständen durch den starken Schweizer Franken entgegenzuwirken?
Als wir uns vor gut einem Jahr entschieden, die Sommersaison neu in Viznau zu bestreiten, konnten wir noch nicht ahnen, dass die Nationalbank den Mindestkurs aufhebt. Als dies geschah, konnten wir aufatmen: Ich bin überzeugt, dass wir mit der «Sharing»-Strategie für solche Umstände besser gewappnet sind.
Sie sind ein vergleichsweise junger Hoteldirektor. Stellen Sie bei älteren Amtskollegen teils einen stärkeren Widerstand gegen innovative Lösungen wie das «Mitarbeiter-Sharing» fest?
Nein, erstens wurde diese Idee – wenn auch vielleicht nicht mit zwei verschiedenen Hoteleigentümern wie in unserem Falle – bereits früher umgesetzt. Zweitens hat Innovationsstärke für mich nichts mit dem Alter, sondern mit den persönlichen Eigenschaften eines jeden Hoteliers zu tun.
Das Gespräch führte Emanuel Gyger.