Es sind ungemein stolze Summen, die Grosskonzerne derzeit auf den Tisch legen, um andere Konzerne zu schlucken. In der Filmindustrie kauft AT&T den Time-Warner-Konzern für 85 Milliarden US-Dollar, in der Tabak-Industrie zahlt BAT für Reynolds 47 Milliarden Dollar. In der Agro-Chemiebranche schluckt Bayer gerade Monsanto für 66 Milliarden und ChemChina übernimmt Syngenta für 43 Milliarden.
Das sind nur ein paar Beispiele aus den letzten Monaten. Sie verdeutlichen: Der Übernahme-Hunger der internationalen Grosskonzerne ist noch immer ungestillt – obwohl schon 2015 ein Rekordjahr war in Sachen Firmenübernahmen, sowohl in den USA als auch in Europa.
Motive der Übernahmen variieren
Ein Ziel hinter solchen Zusammenschlüssen ist oft das Streben nach Grösse: Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, sei Grösse hilfreich, ja gar notwendig, argumentieren die Firmenchefs in Befragungen. Das erklärt beispielsweise die Konsolidierungswelle im Agrar-Bereich oder in der Tabak-Industrie.
Anders die Pharma-Konzerne: Sie versuchen oft, mit einem Zukauf ein Loch in der eigenen Produkte-Pipeline zu stopfen. Oder Nahrungsmittel-Hersteller erhoffen sich mit Zukäufen vor allem den Zugang zu neuen Märkten, neuen Ländern. Die Motive variieren also.
Aber eine Überlegung dürfte momentan bei all diesen Transaktionen eine erhebliche Rolle spielen: Die tiefen Zinsen. Noch kaum je war es so günstig, Schulden zu machen. Damit ist es einfacher geworden, eine teure Übernahme zu finanzieren, um sich so einen Traum zu verwirklichen oder schlicht eine Konkurrentin einzuverleiben.
Für Unternehmen, die bereits Geld auf der hohen Kante haben, ist es wiederum jetzt attraktiv, dieses Geld für Zukäufe auszugeben. Oder wer zahlt schon gern Negativzinsen auf seinem Konto?
Wertvernichtung durch Zusammenschluss
Am Anfang solcher Transaktionen stehen stets grosse Visionen: Der Wunsch, gemeinsam stärker zu sein, effizienter und profitabler zu geschäften. Doch diese Visionen lassen sich längst nicht immer verwirklichen. Verschiedene Studien zeigen, dass bei grossen Übernahmen oft unter dem Strich gar Wert vernichtet wird, dass zum Beispiel die Renditen tiefer sind und sich der Aktienkurs schlechter entwickelt als vor dem Zusammenschluss.
Kurz gesagt: Das komplexe Zusammenführen zweier Unternehmen mit unterschiedlichen Firmenkulturen führt nicht immer zu einem geeinten, gestärkten Grösseren. Doch wenn Top-Manager eine Grossübernahme verkünden, verdrängen sie gern das Risiko, dass ihr Husaren-Stück auch scheitern könnte.