Karl Albrecht starb so zurückgezogen und still wie er gelebt hatte. Als sein Tod am frühen Montagnachmittag bekannt wurde, war er schon begraben. Keine Kameras, kein Aufhebens.
Von diesem fast 20 Milliarden Euro schweren Mann weiss man eigentlich nur, dass er vergleichsweise bescheiden gelebt hat – den Besitz eines Autos soll er einmal als «seinen Luxus» bezeichnet haben – und dass er ab und zu auf seinem firmeneigenen Golfplatz einige Bälle schlug. Er soll auch Orchideen gezüchtet haben, aber schon das ist nicht gesichert. Bilder von ihm gibt es nur wenige, Interviews gab er grundsätzlich nie, genauso wenig wie sein Bruder, der 2010 verstorbene Theo.
Schritt um Schritt zum Imperium
Die beiden Brüder hatten nach dem Krieg den Bäckereiwarenladen ihrer Eltern in Essen übernommen und das Geschäft – Filiale für Filiale – zu einem riesigen Discount-Einkaufs-Imperium für Lebensmittel ausgebaut. Ihr Rezept: wenig Produkte anbieten, aber das in grossen Mengen und damit vor allem billiger als die Konkurrenz. Nur Selbstbedienung – damals revolutionär – kleines Sortiment. Die Ware wird noch heute häufig gleich auf den Transport-Paletten schachtelweise angeboten.
Zu Beginn der Sechziger-Jahre trennten die beiden Brüder ihr Geschäft auf: Karl betrieb fortan «Aldi Süd», Theo «Aldi Nord». Beide taten dies mit enormem Erfolg. Umsatzzahlen waren und sind zwar nicht bekannt, die beiden Konzerne gingen nie an die Börse, auch nicht nachdem sie ins Ausland expandiert hatten. Karl Albrechts Aldi-Süd breitete sich vor allem nach Österreich und in die Schweiz aus, vor allem aber in die USA. Insgesamt betreibt «Aldi» – kurz für «Albrecht-Discount» – weltweit 9000 Filialen mit 100'000 Mitarbeitenden.
Umstrittene Geschäftspraktiken
Aldi revolutionierte die gesamte Handelslandschaft nicht nur in Deutschland. Ob zum Besseren ist und bleibt umstritten. Ihre sehr zahlreichen Anhänger bezeichnen die Aldi-Läden als die Retter der kleinen Leute, die nirgends sonst so günstig zum Lebensnotwendigen kamen wie bei Aldi. Kritiker bezeichnen die Aldi-Ketten als Vorreiter der «Geiz ist geil»-Mentalität. Als die grossen Killer der kleinen Einkaufsläden in den Stadtzentren. Und als gnadenlose Preisdrücker gegenüber den Produzenten, vor allem in der Landwirtschaft.
Auch die fast vollständige Geheimhaltung aller Geschäftspraktiken und -zahlen gaben immer wieder Anlass zu Kritik. Insbesondere ist immer wieder von einem fragwürdigen Firmen-internen Überwachungssystem die Rede.
Ein einziges Mal gerieten die beiden Brüder in die Schlagzeilen. Als Theo 1971 entführt wurde und Karl ihn gegen ein Lösegeld von 7 Millionen Mark freikaufen musste. Karl Albrecht hatte einen Sohn und eine Tochter, die beide im Betrieb engagiert sind.
SRF 4 News, 15 Uhr; webk; rufi