Noch diesen Monat muss die Schweiz der EU darlegen, wie sie die seit Jahren kritisierte Ungleichbehandlung von in- und ausländischen Unternehmen aufheben will. Vor zwei Wochen hat eine Arbeitsgruppe des Bundes Vorschläge gemacht und aufgezeigt, wie der Steuerstreit mit der EU beigelegt werden könnte, ohne dass ausländische Grosskonzerne samt Arbeitsplätzen abwandern: Mit so genannten Lizenzboxen, wie sie bereits in einzelnen EU-Mitgliedstaaten üblich sind, sowie mit allgemein tieferen Steuern für Unternehmen.
Jetzt hat sich der Wirtschaftsverband geäussert: Die Richtung stimme, es brauche aber noch mehr. Die von der EU geforderte Abschaffung der Steuerprivilegien sei zwar ungerecht und auch in der Sache falsch, aber so seien nun einmal die aktuellen Kräfteverhältnisse, ergänzt Pascal Gentinetta, Direktor von Economiesuisse. Und weiter: «Wir sind etwas isoliert im internationalen Konzert, deshalb ist ein präventives Handeln sicher nötig, bevor es zu spät ist.»
«Innovationsbox»
Die Steuerprivilegien einfach abschaffen, ist keine Option. Zu grosse Löcher würde das in die kantonalen Steuerkassen reissen. Vor allem in Genf, Waadt und Basel-Stadt, sofern die heute privilegierten Firmen tatsächlich der Schweiz wieder den Rücken kehren. Die Losung heisst deshalb neue Steuerprivilegien, aber eurokompatible. Die Lizenzboxen erlauben es den Unternehmen, alle Aufwendungen für Forschung und Entwicklung direkt von den Steuern abzuziehen.
Thomas Staehelin, Direktor der Handelskammer beider Basel, rechnet aber nicht damit, dass das ausreicht. «Sie reichen sicher nicht alleine, wir sind darauf angewiesen, gerade in der Region Nordwestschweiz und konkret Basel, nicht nur eine Lizenzbox zu haben, sondern eine breitere ‹Innovationsbox›».
Vieles hängt davon ab, wie grosszügig die Politik das Instrument der Lizenzboxen interpretiert. Allenfalls braucht es zusätzliche Privilegien, namentlich mit Blick auf die zahlreichen Rohstofffirmen, die sich in Zug oder am Genfersee niedergelassen haben und die als Handelsfirmen von der Lizenzbox nicht profitieren können.
Steuersenkungen
Man kann es drehen und wenden, wie man will, viele Kantone werden nicht darum herumkommen, die allgemeinen Gewinnsteuern zum Teil massiv zu senken. Economiesuisse rechnet damit, dass die Unternehmenssteuerreform III Steuerausfälle von gegen zwei Milliarden Franken bei Bund und Kantonen verursachen wird.
Die Schweiz könne und solle sich das leisten, denn es gebe auch viel zu gewinnen, sagt Gentinetta: Ohne Reformen werde es für die Staatskassen viel teurer, weil ein Teil der Unternehmen samt Arbeitsplätzen wegziehe. «Und deshalb ist es finanzpolitisch absolut zu verantworten, jetzt diese Reform in die Wege zu leiten.»
Milliardenausfälle
Multinationale Unternehmen sind für die Schweiz wichtig. Ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung geht auf ihr Konto. Das bedeutet drei bis fünf Milliarden Franken an Steuereinnahmen allein für die Bundeskasse.
Die politische Diskussion darüber ist erst langsam am Anlaufen. Noch gut in Erinnerung ist die Unternehmenssteuerreform II, als der Bundesrat die Steuerausfälle viel zu tief bewertet hatte. Vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, wie viele der von der Wirtschaft geforderten Steuersenkungen eine Mehrheit finden. Die Steuerausfälle passen schlecht zu all den finanziellen Begehrlichkeiten bei Bildung, Sozialversicherung oder Ausbau der Bahninfrastruktur, wie sie gerade in der laufenden Session des eidgenössischen Parlaments diskutiert werden.
brut;prus