In La Paz in Bolivien baut die Firma Garaventa aus Goldau im Kanton Schwyz im Moment das weltgrösste städtische Seilbahnetz. In Algerien arbeitet Garaventa gerade an der fünften innerstädtische Seilbahn, in Venezuela hat das Unternehmen Zubringerseilbahnen zu U-Bahnen realisiert. Zwar macht Garaventa mit innerstädtischen Seilbahnen noch weniger als einen Fünftel des Umsatzes, doch der Geschäftsbereich wächst.
Vor allem in Ballungszentren von Schwellenländern sei das Potential riesig sagt Peter Baumann. Er ist bei Garaventa zuständig für den Verkauf. «Da spricht man von Städten mit 10 oder 15 Millionen Einwohnern. Die Transportbedürfnisse werden immer grösser und die Möglichkeiten sind fast unendlich.»
Seilbahn umgeht den Stau auf den Strassen
Denn in vielen Schwellenländern sind die Verkehrssysteme kaum ausgebaut. Es gibt es weder U-Bahnen noch Strassenbahnen, häufig nur Buslinien. Mit dem zunehmenden Autoverkehr fällt der Busverkehr aber schnell zusammen. Eine Seilbahn schafft hier Abhilfe: Sie kann den Stau umgehen.
In Schwellenländern bestimmt meist die Regierung, ob eine Seilbahn gebaut wird. In der Schweiz hingegen gibt es oft Widerstand aus der Bevölkerung, etwa weil jemand nicht will, dass eine Seilbahn über den eigenen Garten schwebt. So verzögern sich Projekte. Ein Beispiel ist die Seilbahn zum Zoo Zürich.
Unausgeschöpftes Potential
Hierzulande werden Seilbahnen oft nur mit Freizeit und Tourismus in Verbindung gebracht. Dabei könnten sie auch bei uns Verkehrsprobleme lösen, wie Ulrich Weidmann sagt. Er ist Professor für Verkehrssysteme an der ETH Zürich. «Das reicht von einzelnen Quartiererschliessungen über Städte mit schwierigen topographischen Verhältnissen bis zu Städten mit überfüllten Strassen, wo der Bus stehen bleibt.»
Das Potential für Seilbahnen in Schweizer Städten sei noch nicht ausgeschöpft. Mit Bus und Strassenbahn könnten sie nämlich durchaus mithalten und ebenso viele Passagiere befördern.
Kleinere Investitionskosten bei Seilbahnen
Ausserdem haben Seilbahnen gegenüber Tram und Bus verschiedene Vorteile: So seien beispielsweise die Investitionskosten bei Seilbahnen tiefer und sie könnten automatisch betrieben werden, sagt Weidmann. «Bei einem innerstädtischen Verkehrsbetrieb liegen die Personalkosten bei 60 bis 70 Prozent der Gesamtkosten. Wenn ich den Personalaufwand mit der Automatisation reduzieren kann, dann sinken die Personalkosten erheblich.»
Weidmann glaubt deshalb, dass es auch bei uns bald mehr städtische Seilbahnen geben wird, beispielsweise für die Überquerung von Seebecken und Flüssen oder für eine Verbindung in neue Quartiere am Hang. Weil sie noch wenig akzeptiert sind, wird man sie aber auch weiterhin vorwiegend in den Bergen antreffen.