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Ein Mann repariert eine Maschine.
Legende: Der Industriekonzern Georg Fischer reagierte mit Arbeitszeitverlängerungen auf den Frankenschock. Keystone

Wirtschaft Frankenschock trifft vor allem die Kleinen

Nach der Aufhebung des Euro-Mindeskurses waren die Schweizer Exportunternehmen zum Handeln gezwungen. Eine Studie der Gewerkschaft Unia kommt nun zum Schluss: Leidtragende der Krisenmassnahmen sind die einfachen Angestellten.

Die Studie der Unia zeigt ein eindeutiges Bild: Für die Angestellten war 2015 ein hartes Jahr – mit Entlassungen, Lohnkürzungen oder schlecht bezahlten Überstunden. Viele Chefs dagegen konnten sich einmal mehr über Lohnerhöhungen freuen. Das liest sich dann wie folgt:

  • Lonza: 90 Stellen in Visp abgebaut, Lohn des Chefs um 60 Prozent auf 3,9 Millionen Franken erhöht
  • Georg Fischer: Arbeitszeit-Verlängerung für 2000 Angestellte, Lohn des Chefs um 20 Prozent auf 2,8 Millionen Franken erhöht

Unia-Ökonom Beat Baumann kann ob dieser Zahlen nur den Kopf schütteln: «Man bekommt den Eindruck, dass die Frankenstärke ein Vorwand war, um das Geschäftsergebnis zu verbessern. Auf dieser Grundlage hat man dann die Saläre der CEO ganz massiv erhöht.» Damit die Chefs mehr verdienten, hätten in der Schweiz tausende Angestellte den Kopf hinhalten müssen. Das sei schamlos, so Kappeler.

Extraschichten für 10 Franken pro Stunde

Die kritisierten Konzerne sehen die Dinge freilich anders. Die Massnahmen seien nötig gewesen, heisst es unisono. Bei Georg Fischer bedeutete dies, dass 2000 Angestellte von Februar bis Dezember länger arbeiten mussten: 44 Stunden pro Woche statt 40. Dafür bekamen sie eine einmalige Entschädigung von 1000 Franken, was einem Stundenlohn von weniger als 10 Franken entspricht.

Ist das nicht ein wenig knausrig? Mediensprecher Beat Römer verneint dies: «Wir sind der Meinung, dass diese Prämie, die kurz vor Weihnachten ausgeschüttet wurde, sehr wohl geschätzt wurde. Die Reaktionen von Mitarbeitenden und der Personalvertretung haben uns dies bestätigt.» Immerhin habe mit dieser Massnahme verhindert werden können, Stellen zu streichen oder ins Ausland zu verlagern, sagt Römer.

Konzerne verteidigen Chef-Saläre

Etwas anders ist die Situation bei Lonza, der wichtigsten privaten Arbeitgeberin im Oberwallis. Sie musste 90 Stellen in Visp abbauen. Lonza-Sprecher Dominik Werner relativiert: «Wenn wir die Gesamtpersonalzahl in der Schweiz betrachten, haben wir in den vergangenen beiden Jahren sogar 82 zusätzliche Stellen in der Schweiz geschaffen.»

Nicht nur die Sparmassnahmen bei den einfachen Angestellten verteidigen Lonza und Georg Fischer, sondern auch die Löhne der Chefs. Eine direkte Gegenüberstellung der Sparmassnahmen in der Schweiz und der Chef-Saläre sei nicht zulässig. Die Chef-Boni richteten sich am Gesamtergebnis des Konzerns, wobei nicht nur kurzfristige, sondern auch langfristige Ergebnisse grossen Einfluss hätten.

Lonza-Sprecher Dominik Werner ergänzt: «Die Salärfrage ist immer eine kritische. Hier stehen wir in einem internationalen Wettbewerb.» Wenn man Top-Leute wolle, sei dies auch mit dem entsprechenden Gehalt verbunden, so Werner.

Unia wehrt sich gegen Selbstbedienungsmentalität

Ein Argument, das Unia-Ökonom Baumann nicht überzeugt: «Wenn der Wettbewerb bei den Spitzenmanagern funktionieren würde, würden die Saläre sinken. Aber das Gegenteil ist der Fall: Die Saläre steigen Jahr für Jahr. Es ist eher eine Selbstbedienungsmentalität, die da vorherrscht.»

Und gegen diese Selbstbedienungsmentalität will die Unia vorgehen. Sie unterstützt darum politische Vorstösse, die die Chef-Saläre bei bundesnahen Betrieben begrenzen wollen.

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