Wie kommt der Schoko-Riegel Kitkat in die Strandbar von Ko Samui, das Ricola-Päckli zum Strassenverkäufer in Hongkong oder das Roche-Medikament zur Ärztin in Kuala Lumpur? Dafür sorgt der Schweizer Handels-und Marketingkonzern DKSH. Er vertreibt für Unternehmen die Produkte nach Asien.
In seiner 150-jährigen Geschichte habe das Unternehmen ein ausserordentliches Netzwerk aufgebaut, kenne Kulturen und Gepflogenheiten, sagt Konzernchef Jörg Wolle. Wenn sein Unternehmen den Vertrieb übernehme, sei das effizienter, als wenn Grosskonzerne diese Arbeit selber machten.
27'000 Mitarbeiter weltweit
Jörg Wolle arbeitet seit 25 Jahren bei DKSH. Er flüchtete im Alter von 30 Jahren aus der DDR. Anfang der neunziger Jahre heuerte der Maschinenbauingenieur bei Sibner Hegner an. Als dieser in die Krise geriet, übernahm Wolle vor 15 Jahren die Führung, nahm selber einen Kredit auf und investierte. Der Zusammenschluss zu DKSH und der Börsengang tragen seine Handschrift.
In den letzten zehn Jahren wuchs die Zahl der Mitarbeitenden von rund 17'000 auf 27'000 – die meisten sind in Asien. Eine kleine Gruppe arbeitet im Management am Hauptsitz in Zürich.
Was treibt Jörg Wolle an? Radio SRF sprach mit ihm darüber in der Sendung «Trend». Hier gab der medienscheue Chef sein erstes grosses Radio-Interview.
Auszug aus dem Interview
SRF: 1988, kurz vor der Wende, sind sie in Stuttgart vom anfahrenden Zug gesprungen, der sie eigentlich zurück in die DDR hätte bringen sollen. Trieb sie damals schon der Traum an, einst Chef eines internationalen Konzerns in einem kapitalistischen System sein zu können?
Jörg Wolle: Der Traum war, aus einem fremdbestimmten System auszusteigen. Ich wollte diese Fremdbestimmung abstreifen und mein Leben selber in die Hand nehmen.
Waren die Erfahrungen aus der DDR eher Hilfe oder Stolperstein?
Wir waren gut ausgebildet. Und das, was sie im Kopf haben, kann ihnen niemand nehmen – egal in welchem System sie aufwachsen oder leben. Gleichzeitig waren wir auf ein sehr hartes, kapitalistisches Umfeld vorbereitet, das sich dann als wesentlich weniger hart entpuppte als erwartet. In den ersten Monaten war ich überrascht, wie viel weniger Gedanken sich die Menschen über das Leben machten und wie sie das Gute, das sie haben, als gegeben hinnahmen. Wir haben gelernt, nie etwas als gegeben zu nehmen.
In der Schweiz ist zur Zeit der starke Franken das grosse Thema. Sie unterstützen Schweizer Exporteure beim Handel in Asien. Kommen sie diesen entgegen, damit sie konkurrenzfähig bleiben?
Wenn Sie sich zum Beispiel den Schweizer Werkzeugmaschinenbau anschauen, dann ist der Preisunterschied zu einer koreanischen oder sogar zu einer chinesischen Maschine schon jetzt so gross, dass der Wechselkurs gar nicht wirklich in die Waage fällt. Wichtig bleiben die Spezialität und die Innovation.
Nestlé ist ja so gross – die könnten doch das Kitkat in Thailand auch selber vertreiben. Besteht die Gefahr, dass ihnen jetzt Kunden abspringen?
Nein, im Gegenteil. Wir sehen, dass immer mehr mittelständische Unternehmen, aber auch Grosskonzerne eine ganz klare Rechnung machen. Die konzentrieren die besten Leute auf das, was sie sich als Kernkompetenz vorstellen. Bei Konzernen wie Nestlé oder bei grossen Pharmaunternehmen liegt diese Kernkompetenz ganz klar in den Bereichen Innovation und Forschung. Der flächendeckende Vertrieb hingegen ist nicht ihre Kernkompetenz. Wir können das besser und effizienter.
Viele Schweizer Unternehmer sind derzeit stark verunsichert. Hand aufs Herz, haben Sie sich überlegt, den Hauptsitz zu verlegen?
Diese Frage macht sicher Sinn, wenn Sie sehen, wie viele Geschäfte wir in Asien machen. Auf der anderen Seite war, ist und bleibt es für uns immer wichtig, eine Schweizer Firma zu sein. In Asien hat die Schweiz den Ruf eines zuverlässigen Handelspartners – als eine Art Traumland gar. Wir sehen ganz klar, dass Schweizer Unternehmen nach wie vor eine grosse Wertschätzung geniessen in Asien. Deshalb ist es für uns auch sehr wichtig, dort als Schweizer Unternehmen wahrgenommen zu werden.
Das komplette Interview mit Jörg Wolle können Sie hier hören. Auszüge daraus sind in der Sendung «Trend» zu hören.