Die Gebäude in der Schweiz sind verantwortlich für rund die Hälfte des gesamten CO2-Ausstosses. Problematisch sind vor allem diejenigen Häuser, welche vor 1980 gebaut wurden. Insgesamt gelten in der Schweiz 1,5 Millionen Häuser als sanierungsbedürftig, weil sie nicht den heutigen energetischen Standards entsprechen.
Um seine ambitionierten Klimaziele zu erreichen, unterstützt der Bund mit dem sogenannten Gebäudeprogramm die energetische Sanierung von Gebäudehüllen, das heisst die Wärmedämmung von Fassaden und Dächern. Über 600 Millionen Franken hat der Bund seit 2010 in das Programm einfliessen lassen.
Subventionsprogramm nicht effizient
Grundsätzlich sei das eine gute Sache, findet Urs Rieder, der die Abteilung Gebäudetechnik an der Hochschule Luzern leitet. «Aber es reicht nicht, und es ist nicht die effizienteste Massnahme.» Wenn man das Klimaziel, nämlich eine Reduktion des CO2-Ausstosses um den Faktor 10 bis im Jahr 2050, erreichen wolle, sei das über Gebäudehüllen-Massnahmen schlicht nicht erreichbar. «Es braucht vor allem auch Investitionen in die Gebäudetechnik.»
Dieser Meinung ist auch der Bauphysiker Enrico Romano aus St. Gallen: «Das Gebäudeprogramm ist so aufgebaut, dass man Anreize schafft bei den Hüllen. Aber es wäre auch gut, wenn man im Heizungsbereich Fördergelder sprechen würde. Da könnte man sehr viel erreichen mit weniger Geldeinsatz für den Privatbesitzer einer Liegenschaft.»
Den Erfolg fördern, nicht die Massnahme
Urs Rieder plädiert für eine Aufteilung der Fördergelder: «Ich glaube, man sollte nicht fixieren, wie viel Geld in die Hülle und wie viel in die Gebäudetechnik fliesst, sondern man müsste es davon abhängig machen, was man erreicht». So würde laut Rieder viel eher der Erfolg subventioniert und nicht einfach nur eine Massnahme.
Zwar sieht das Gebäudeprogramm auch Subventionen in diesem Bereich vor. Dafür zuständig ist aber nicht der Bund, sondern die Kantone. Das Problem: Die Kantone erhalten dafür vom Bund zwar Geld, müssen aber jeden Franken aus eigenen Mitteln verdoppeln. Dies führt dazu, dass in diesem Bereich viel weniger Subventionsgelder zur Verfügung stehen.
Änderungen frühestens in zwei Jahren
Daniel Büchel, Vizedirektor des Bundesamtes für Energie, verteidigt dieses Vorgehen und nimmt die Kantone in Pflicht: «In vielen Kantonen ist es so, dass sie nicht genügend Mittel einsetzen. Oder es gibt eben auch nicht genügend Projekte, die eingereicht werden.»
Allerdings hat der Nationalrat ein Massnahmen-Paket beschlossen, welche das Verteilmodell zwischen Bund und Kantone neu regeln soll. Unter anderem sollen die Kantone dann für einen eigenen Franken deren zwei vom Bund erhalten. Noch hat der Ständerat als Zweitrat nicht darüber befunden. Laut Büchel wird es wohl 2017 werden, bis das Paket in Kraft treten kann.
Weniger CO2-Einsparungen
Fachleute wie der Bauphysiker Enrico Romano kritisieren auch, dass durch Wärmedämmungen weniger CO2 eingespart wird, als auf dem Papier vorgerechnet wird. Der Grund: Die Berechnungen werden mit Standard-Werten durchgeführt. Weil aber das Nutzungsverhalten der Bewohner sehr unterschiedlich ist, stimmten die Berechnungen nicht.
«Meine Erfahrung als Bauphysiker zeigt, dass die Leute nach einer Sanierung tendenziell eher auf bis zu 24 Grad heizen – und nicht auf beispielsweise 21 Grad wie vor der Sanierung. Ein Grad mehr bedeutet aber bis zu 10 Prozent mehr Energieverbrauch.» Dadurch verliere man fast 25 Prozent Energie. Insgesamt werden so die Energie-Einsparungen durch Wärmedämm-Massnahmen überschätzt.