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Wirtschaft Gewinner im Ausland, Verlierer im Inland

Das abrupte Ende des Euro-Mindestkurses hat inländische Anleger bedeutend härter getroffen als ausländische. Das bestätigt Aktienmarktstratege Christoph Riniker von der Bank Julius Bär nach zwei turbulenten Tagen. Wie fällt seine Analyse sonst noch aus, und was hat er seinen Privatkunden geraten?

Seit gestern um 10.30 Uhr spielen die Finanzmärkte verrückt: Der Euro-Franken-Kurs ist eingebrochen. Parallel dazu hat auch der Schweizer Aktienmarkt massiv an Wert verloren. Mit ihrem Entscheid macht die Schweizerische Nationalbank Weltfinanzpolitik.

Börsentafel.
Legende: Swiss Marketindex SMI nach Aufhebung des Euro-Mindestkurses am Donnerstag, 15. Januar 2015. Keystone/Archiv

Die Folgen evaluiert auch Christoph Riniker als Leiter der Aktienmarkt-Strategie bei der Bank Julius Bär in Zürich. Auf seinem Computer prangt der Swiss Market Index: heftiger Kurseinbruch, kleine Erholung, dann ein erneutes Absacken des Kurses am Freitagmorgen. Solche Kursausschläge seien sind eindrücklich und eher selten. Riniker erinnert sich an den Crash 1987 und an die Dotcom-Blase Anfang 2000.

Als Finanzexperte analysiert er die Zuckungen der Märkte, die Prognosen der Ökonomen, die Wirtschaftsentwicklung rund um den Globus und stellt Anlage-Portfolios zusammen. Für risikofreudigere Kunden wählt er eine aggressivere Anlagestrategie, für konservativere Anleger ein möglichst sicheres Paket.

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Seine Empfehlungen leitet er an die Vermögensverwalter innerhalb der Bank weiter, die gestützt darauf ihre Bankkunden beraten. Es sind allesamt Privatkunden mit einem gewissen Vermögen.

Rat gemäss Risikofähigkeit

Gestern waren seine Handlungsempfehlungen besonders gefragt: «Unsere Meinung war, dass nach dem Einbruch sicher nicht kopflos verkauft, sondern eher abgewartet werden soll. Kunden mit einer gewissen Risikofähigkeit empfahlen wir vereinzelt, Positionen auf den tiefen Niveaus aufzubauen.»

Die Rückmeldungen der Vermögensverwalter bestätigten Riniker, dass gestern und heute so manch ein Anleger trotz Kursstürzen an der Börse Gewinne verbuchen konnte.

Gewinner im Ausland – Verlierer im Inland

So zeigten die Reaktionen aus dem Ausland zwar Rückschläge an den Aktienmärkten, aber zugleich sofort auch Gewinne auf der Währungsseite: «Netto-netto hat ein ausländischer Investor, der in Dollar oder Euro denkt, gar nicht viel verloren oder gestern sogar noch einen kleinen Gewinn gemacht.»

Daher kamen laut Riniker die Reaktionen denn auch eher aus dem Schweizer Markt: «Sie hatten nur Aktienverluste und konnten auf der Währungsseite nicht gewinnen.»

Sehr salopp gesagt sitzen also die Gewinner im Ausland, die Verlierer im Inland. Das dürfte nicht nur auf die Privatkunden von Julius Bär zutreffen, sondern auch auf grössere Investoren, etwa Versicherungen oder Pensionskassen.

Keine Rezession, aber leichte Verschlechterung

Der Entscheid der Nationalbank hat Folgen über die letzten beiden Handelstage hinaus. Entsprechend ist Rinikers Analyse auch weiterhin gefragt. Hierbei denkt er vor allem ans volkswirtschaftliche Umfeld. Er erwartet aber keine Rezession: «Die volkswirtschaftliche Entwicklung wird sich aber sicher ein wenig verschlechtern.»

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