Wenn zwei sich zusammentun, sollte eigentlich unter dem Strich ein Mehrwert entstehen. Eins plus eins gäbe im Idealfall drei. Die Realität sehe allerdings anders aus, sagt Lars Schweizer, Professor für Firmenübernahmen an der Goethe-Universität in Frankfurt: «Es ist leider so, dass sich diese Versprechungen häufig nicht in diesen Synergien niederschlagen. Eins plus eins ergibt dann manchmal nur noch 1,5.» Genau das gilt für eine Mehrheit der Übernahmen.
Über die Hälfte aller Transaktionen vernichtet Wert für den Käufer. Für den Verkäufer sieht es natürlich anders aus.
Das Beratungsunternehmen Boston Consulting Group untersuchte in den vergangenen Jahrzehnten über 50'000 Firmenübernahmen und kommt zu einem zwiespältigen Ergebnis. Jens Kengelbach, Leiter des Bereichs Firmenübernahmen, sagt: «Im Schnitt vernichtet über die Hälfte aller Transaktionen Wert für den Käufer. Für die Gegenseite sieht es natürlich völlig anders aus. Hier schaffen fast 100 Prozent aller Transaktionen Wert für den Verkäufer.»
Wie die jüngsten Übernahmen zeigen, geht es um sehr viel Geld: AT&T und Time Warner sind nur die jüngsten Beispiele. Am vergangenen Wochenende gab der Zigarettenhersteller British American Tobacco bekannt, den Konkurrenten R.J. Reynolds Tobacco Company für 58 Milliarden Dollar zu übernehmen. Vor wenigen Wochen kündigte der deutsche Chemiekonzern Bayer an, für 66 Milliarden Dollar den amerikanischen Saatguthersteller Monsanto zu kaufen.
Hohe Einsätze dank billigem Geld
Ob diese Summen gerechtfertigt sind, lässt Kengelbach im Einzelfall offen. Es gebe allerdings Indizien, dass wegen des vielen billigen Geldes Unternehmen hohe Summen auf den Tisch legten, um andere Firmen zu kaufen: «Momentan sehen wir auch an den Multiples im Markt, dass diese aktuell höher sind als auf dem Peak in den Jahren 2000 und 2007, wenn man weltweit schaut.» 2000 und 2007 waren die zwei letzten Phasen mit ausserordentlich grossen und vielen Übernahmen.
Umgekehrt heisst das: Kauft eine Firma ein Unternehmen zu einem hohen Preis, muss der Erfolg in Zukunft entsprechend gross sein, damit sich der Einsatz lohnt. Nur ist eine erfolgreiche Übernahme eher die Ausnahme, denn die Regel. Ein Hauptgrund für den Misserfolg ist, dass die Unternehmen schlicht und einfach nicht zusammenpassen.
«Integrationsprobleme werden oftmals unterschätzt»
Die unterschiedlichen Betriebskulturen stünden sich oft im Weg, unterstreicht Professor Schweizer: «Wenn man zwei Organisationen kombiniert, ist es eine durchaus grosse Herausforderung, auch die Unternehmensorganisationen und –kulturen zusammenzufügen.» Dieser Prozess sei oftmals aufwändiger, als sich Manager da im Vorfeld vorstellten. Das Problem der kulturellen Integration werde oft unterschätzt.
Die Manager verweisen bei Misserfolgen gerne auf neue Entwicklungen, die Vergleiche unmöglich machten.
Und so zeigt sich womöglich erst nach einigen Jahren, dass die Übernahme kein Erfolg war und die Versprechen der Manager bei der medienwirksamen Ankündigung nicht eingehalten wurden. Allerdings wage das später kaum jemand wirklich zuzugeben, sagt Schweizer.
Die Manager verwiesen dann auf Entwicklungen in der Umwelt, bei den Konkurrenten und durch neue Technologien und argumentierten, Vergleiche seien nicht mehr möglich: «Damit wird verdeckt, dass die Übernahme der eigentliche Grund für die schlechte Situation ist.»
Ob die jüngsten Übernahmen tatsächlich das bringen, was versprochen wurde, wird sich also erst in einigen Jahren zeigen, sofern die Wettbewerbsbehörden grünes Licht geben. Und das ist derzeit alles andere als sicher. Denn auch aus diesem Grund kamen geplante Übernahmen schon oft gar nicht erst zustande.