Neue Wende im Fall um Hervé Falciani: In einem Interview mit «10vor10» bestätigt der Beschuldigte, dass er sich den Schweizer Strafverfolgungsbehörden gerne stellen möchte.
Whistleblower oder Datendieb?
Hervé Falciani sorgte bei der HSBC Schweiz für den grössten Bankdatendiebstahl aller Zeiten. Indem er Daten und Informationen über Bankkunden auf Datenträger kopiert und an die französischen Steuerbehörden weiter gegeben hat, steht er am Ursprung der heutigen «Swissleaks»-Affäre und einer Staatskrise zwischen Frankreich und der Schweiz.
Ausserhalb der Schweiz gilt Falciani als Whistleblower, der den dunklen Machenschaften der Schweizer Banken mutig entgegen tritt. In der Schweiz ist er als Datendieb angeklagt. Die Bundesanwaltschaft hat ihn unter anderem wegen unbefugter Datenbeschaffung und Verletzung des Bankgeheimnisses angeklagt.
Falciani sagte im «10vor10»-Interview, er habe mit dem Datendiebstahl seine Bürgerpflicht erfüllt. Der Prozess in der Schweiz könne eine weitere Möglichkeit sein, seine wahre Persönlichkeit und seine Absichten zu verteidigen. «Es geht mir darum zu zeigen, dass die Schweizer Gesetze die Interessen ein paar weniger Financiers beschützen und nicht jene der Schweizer Bürger.» Um dies darzulegen würde er sehr gerne am Prozess in der Schweiz teilnehmen. Ob dies möglich sein werde, klärten derzeit seine Anwälte.
Prozessbeginn bleibt ungewiss
Anscheinend soll Falciani versucht haben, Bankdaten im Libanon zu verkaufen. Nach ersten Hinweisen im Dezember 2008 wurde er polizeilich befragt, setzte sich aber einen Tag später ins Ausland ab. 2009 wurde er international zur Verhaftung ausgeschrieben. 2012 wurde er in Barcelona verhaftet – spanische Gerichte entschieden aber, den Mann nicht an die Schweiz auszuliefern. Falciani bestreitet im «10vor10»-Interview, er habe niemals Daten verkauft, «obschon dies sehr einfach ist, denn viele wünschen sich Daten von illegal operierenden Banken.»
Bisher war man davon ausgegangen, dass dem flüchtigen französisch-italienischen Staatsbürger in Abwesenheit der Prozess gemacht wird. Wann der Prozess stattfindet, darüber konnte das Bundesstrafgericht in Bellinzona heute keine Angaben machen.