Im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) haben die regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) des Kantons Luzern in Zusammenarbeit mit der Sozialfirma «Dock Luzern» – einer von schweizweit zehn Betrieben der Dock-Gruppe – ein neues Instrument der Arbeitsmarkt-Integration getestet und vergangenen Frühling abgeschlossen.
Vermittlung noch vor der Aussteuerung
Ziel ist, dass Langzeit-Arbeitslose, die beim RAV zwar noch «stempeln», aber kaum Aussicht auf eine Stelle im so genannten «ersten Arbeitsmarkt» haben, noch vor der Aussteuerung an eine Sozialfirma vermittelt werden. Die Absicht ist, dass sie dort auch dann weiterarbeiten können, wenn die Zuständigkeit an die Sozialhilfe übergeht.
30 Prozent der ALV-Bezüger, die am Pilotprojekt freiwillig teilgenommen haben, haben den Sprung in den «ersten Arbeitmarkt» geschafft.
Voraussichtlich am Donnerstag wird die Aufsichtskommission für den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung anhand der Ergebnisse aus Luzern entscheiden, ob das Instrument für die nächsten vier Jahre gesetzlich verankert wird. Daniela Merz, Geschäftsführerin der Dock-Gruppe, hofft, dass die Kommission positiv entscheiden wird. Auch Daniel Keller, der das Pilotprojekt seitens Seco begleitet, zeigt sich auf Anfrage von «ECO» optimistisch.
Bisher können Sozialfirmen von Gesetzes wegen nur Personen beschäftigen, die von der Arbeitslosenversicherung (ALV) ausgesteuert sind und Sozialhilfe erhalten. Langzeit-Arbeitslose hingegen, die noch Geld von der ALV beziehen, dürfen Sozialfirmen nicht anstellen.
Boomende Sozialindustrie
Ausgesteuerte und Sozialhilfebezüger landen nicht selten bei Sozialfirmen. Dies, weil viele Unternehmen schwächere Mitarbeiter nicht mehr beschäftigen oder einfache Tätigkeiten wegrationalisiert haben. In den letzten zehn Jahren sind vor allem in der Deutschschweiz viele solcher Betriebe entstanden.
Diese Unternehmen generieren gemäss einer Studie der Universität der italienischen Schweiz aus dem Jahr 2012 rund 40 Prozent ihres Umsatzes mit Verkäufen von Produkten und Dienstleistungen. Etwa 60 Prozent erhalten sie als Transferzahlungen für Integrations-Aufgaben von der öffentlichen Hand. Insgesamt dürften es mehrere hundert Millionen Franken sein.
Die Branche ist heterogen, finanziell unterschiedlich organisiert und datenmässig schlecht erfasst. Für Aussenstehende herrscht wenig Transparenz.
Mehr Klarheit schaffen
Daniel Schaufelberger, Dozent an der Hochschule Luzern für Soziale Arbeit und Spezialist für Arbeitsmarktintegration, fordert: Die öffentliche Hand müsse stärker darauf schauen, welchen Sozialfirmen sie welche Personen zuweise, was sie dafür zahle und wie die Qualität im Bereich Integrationsmassnahmen gemessen werde.
Mehr Klarheit über die öffentlich wenig bekannte Branche soll eine grossangelegte Studie und Umfrage der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) und der Scuola Universitaria Professionale della Svizzera Italiana (SUPSI) bringen, die derzeit am Laufen ist.