Die ordentliche Generalversammlung des Zementkonzerns Holcim ging trotz der geplanten aber umstrittenen Fusion mit dem französischen Konkurrenten Lafarge in gewohntem Rahmen über die Bühne. Die Aktionäre stimmten allen Anträgen des Verwaltungsrates zu.
Verunsicherung bei Kleinaktionären
Dennoch: «Viele Kleinaktionäre, darunter viele ehemalige Holcim-Mitarbeiter sind verunsichert. Sie befürchten vor allem, dass der Restrukturierungsgewinn von 1,4 Milliarden Franken, der durch die Fusion erzielt werden soll, auf Kosten der Arbeitsplätze geht», erklärt Fassbind. Sie würden befürchten, dass Holcim Unternehmensteile verkaufen muss, um den Kartellbehörden zu begnügen.
Rund 50 Vertreter der Arbeitnehmerschaft der zwei Konzerne forderten in diesem Zusammenhang mit Plakaten und Flugblättern die Aktionäre auf, die soziale Verantwortung wahrzunehmen. Insbesondere sollen die zwei Konzerne den Erhalt der Arbeitsplätze für mindestens zwei Jahre garantieren.
Reitzle verbreitet Zuversicht
Diese Forderung wurde auch von zwei Aktionären und Arbeitnehmervertretern an der Generalversammlung im Hallenstadion wiederholt. Holcim-Präsident Wolfgang Reitzle erklärte dazu, dass sämtliche Arbeitsverträge auch bei einer Fusion unverändert fortgeführt würden.
Das gelte selbst für diejenigen Unternehmensteile, die Lafarge und Holcim aus kartellrechtlichen Gründen verkaufen wollen. «In der Summe muss man sich keine Gedanken über die Mitarbeiter machen», sagte er.
Fraglicher Zeitpunkt der Fusion
Trotzdem würden viele Holcim-Kleinaktionäre der Fusion mit Unverständnis begegnen. Sie würden nicht verstehen, warum Holcim gerade jetzt fusionieren will, weil sich Holcim in einer ausgezeichneten finanziellen und strategischen Ausgangslage befinde, erklärt Marianne Fassbind. Die Fusion sei auch noch nicht sicher, ergänzt sie. Denn man wisse nicht, wie die Grossaktionäre entscheiden werden.
«Vor allem muss sich der neue designierte Konzernchef Erich Olsen zuerst bei den Grossinvestoren vorstellen und sie von seiner Position und Person überzeugen.» Man höre bereits jetzt kritische Stimmen von den Grossinvestoren, Olsen hätte noch nie einen Konzern geführt und sei nur der verlängerte Arm von Bruno Lafont, dem Lafarge-Mann, der gewählt hätte werden sollen, aber klar von den Grossinvestoren abgelehnt wurde.
Die für die Fusion entscheidende ausserordentliche Generalversammlung findet erst am 8. Mai statt. Der Aufmarsch der Aktionäre und vor allem der Kleinaktionäre hielt sich darum am Dienstag im Hallenstadion in Zürich in Grenzen. Gemäss dem Konzern haben sich nicht mehr Teilhaber eingefunden als in den Vorjahren.
«Die Fusion als Chance»
Wolfgang Reitzle trat unterdessen Befürchtungen entgegen, wonach die Unternehmenskulturen der Fusionspartner nicht zusammen passten. Für den Grossteil der Angestellten würde sich mit der Fusion gar nichts ändern. «Einen Kulturkampf kann es allerhöchstens für ein paar hundert Mitarbeiter in den zwei Konzernzentralen geben», sagte er. Dieses Problem sei jedoch lösbar.
Der Holcim-Präsident sieht in der Fusion zudem eine Möglichkeit, Veränderungen einzuleiten, die sonst nicht vorgenommen werden könnten. «Wir sehen die Fusion als eine Chance, sich selbst zu erneuern», sagte er.