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Wirtschaft «Ich bin nicht jemand, der polarisiert»

Heinz Karrer ist seit zwei Jahren Präsident von Economiesuisse. Am Tag der Wirtschaft traf er viele hochrangige Politiker und Unternehmer. Karrers Herausforderungen ist es, auf die Interessen möglichst aller Exponenten der Schweizer Wirtschaft einzugehen. Doch wer ist eigentlich Heinz Karrer?

Vorsichtig, emotionslos und einfach; so lassen sich Aussagen von Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer beschreiben. Der Manager übernahm vor zwei Jahren das Präsidium des Wirtschaftsdachverbandes in einer durchaus schwierigen Zeit: Viele Teilverbände waren zerstritten, die Minder-Initiative gegen die Abzockerei ging verloren und Präsident Rudolf Wehrli gab im Sommer 2013 schliesslich seinen Rücktritt bekannt. Karrer wurde zu seinem Nachfolger bestimmt und konnte mit dem Verwerfen der 1:12-Inititative knapp drei Monate nach Amtsantritt einen Mini-Sieg einfahren.

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Doch die erste herbe Schlappe folgte, denn am 9. Februar 2014 wurde die Masseneinwanderungsinitiative der SVP vom Volk angenommen. Der ehemalige Handballnationalspieler (53 Länderspiele für die Schweiz) hat jedoch keine «Wut» auf das Schweizer Volk. Die Immigration sei anscheinend eine grosse Sorge der Bevölkerung gewesen, jetzt müsse man eine gute Lösung finden. Worte wie sie oft vom Unternehmer kommen.

Sport als Ausgleich

Pikanterweise verliess Karrer seinen Posten als CEO beim Energiedienstleistungskonzern Axpo erst am 31. Januar 2014, also neun Tage vor der Abstimmung. Hat er die Initiative vernachlässigt? «Es ist wie im Sport, insbesondere bei knappen Ergebnissen kann man sich im Nachhinein immer einen Vorwurf machen.» Sport ist allgemein wichtig im Leben vom dreifachen Familienvater. Heute dominieren nicht mehr der Handball, sondern die Berge seine sportlichen Aktivitäten. «Klettern, Bergsteigen und Skitouren haben eine grosse Bedeutung für mich, auch für meine Familie.»

Im Sport begann Karrer dann auch seine Unternehmerkarriere, wo er Führungspositionen beim Sportartikel-Lieferanten-Verband und Intersport innehatte. Danach warer in der Konzernleitung bei Ringier und später bei Swisscom, bevor er zwölf Jahre lang bei der Axpo war. «All diese Stellen haben mich geformt, bereits dort hatte ich Kontakt mit Medien und Politikern, das hilft mir natürlich bei der Ausführung des Economiesuisse-Präsidiums.»

Keine harschen Töne

Dem 56-Jährigen wird eine sehr gute Kommunikation attestiert. Gleichzeitig werden teilweise die Taten nach den Worten vermisst. So schrieb die Handelszeitung vor anderthalb Jahren über Karrer: «Gewiefter Motivator, schwacher Entscheider.» Auch bezüglich der bilateralen Verträge hört man von Karrer diplomatische Töne: «Die Bilateralen sind sehr wichtig für uns, wenn man bedenkt, dass der EU-Raum der grösste Exportabnehmer ist. Aber man müsste auch schauen, wie es ohne die Bilateralen klappen könnte.»

Er bezeichnet sich als leidenschaftlicher Schweizer, der die Privilegien seines Landes genauso schätzt, wie dessen internationale Vernetzung. Man könnte sich fast denken, Karrer will sich keine Feinde machen. Er sagt selber von sich: «Ich bin keiner der polarisiert.» Auch beim zweiten Schock seiner bisherigen Präsidialzeit – der Aufhebung des Euro-Mindestkurses der Schweizerischen Nationalbank am 15. Januar dieses Jahres – erkennt man ein ähnliches Schema.

Damals wetterte die Economiesuisse zwar gegen den Entscheid, doch Karrer akzeptierte, ja lobte sogar die Unabhängigkeit der SNB. Zudem unterstützte Karrer die Aussage von SNB-Präsident Thomas Jordan, dass viele Firmen in den letzten vier Jahren Zeit gehabt hätten, die Strukturen zu ändern.

Verband zur Einheit machen

Karrers kompromissbereite Einstellung deutet zwar nicht auf eine resolute Strategie von Economiesuisse hin, kann aber dem Zusammenwirken im Wirtschaftsverband helfen. Es sei wichtig allen zuzuhören und auf die Bedürfnisse möglichst aller Teilverbänden und Branchen einzugehen. Kritik sei gut, denn «das zeigt, dass die Leute engagiert sind und mitdiskutieren wollen.»

Ebenfalls vorantreiben will Karrer den Dialog mit der Gesellschaft, denn dies habe in den letzten Jahren gelitten. «Wir sind sehr interessiert, intensiv mit der Bevölkerung zu kommunizieren, von jung bis alt.» Auf die Frage, ob er sich nun als Kapitän oder Vernetzer der Schweizer Wirtschaft sieht, meint Karrer gewohnt: «Beides. Einerseits muss ich helfen Ideen anzustossen, bei der Realisierung geht es dann um ein gutes Netzwerk, welches helfen kann.»

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