Die Kontrolle über die eigene Währung zu haben, war bislang Chinas oberste Prämisse in der Währungspolitik. Die People’s Bank of China, die chinesische Zentralbank, hat den Renminbi gegen aussen abgeschottet, so den Wechselkurs tief gehalten und die heimische Exportindustrie angekurbelt. Künftig will China den Handel in der eigenen Währung internationalisieren und dieser zu dem globalen Stellenwert verhelfen, der ihr gemessen am stark gewachsenen Handelsvolumen zusteht.
Weg vom «mühsamen Thema Steuern»
In einem ersten Schritt hat das Land ausländischen Firmen erlaubt, in Renminbi abzurechnen. In einem zweiten Schritt baut China Offshore-Renminbi-Hubs auf. Das sind Umschlagplätze, in denen Banken Renminbi handeln können. Erste Hubs sind in Asien entstanden, etwa in Hong Kong und Singapur. Jetzt ist Europa an der Reihe. Im Rennen sind London, Frankfurt, Paris, Luxemburg – und die Schweiz.
«Das gäbe dem Schweizer Finanzplatz ein neues Ansehen, ein neues Profil, und das wäre wertvoll», sagt einer, der sowohl die chinesische als auch die Schweizer Seite bestens kennt: Thomas R. Meier, Asienchef der Bank Julius Bär. Er sieht im Aufbau eines Renminbi-Hubs in der Schweiz die Chance, «vom mühsamen Thema Steuern wegzukommen», wie er im Interview mit «ECO» sagt.
Von einem «ganz neuen Markt» spricht Thomas Sutter, Geschäftsleitungs-Mitglied der Schweizerischen Bankiervereinigung. «Wir könnten Investoren in die Schweiz bringen, die Anlageprodukte in Renminbi kaufen, und Anlageprodukte emittieren», so Sutter.
Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, sagt Anfang Januar gegenüber «ECO»: «Wir als Nationalbank sind sehr offen gegenüber dieser Idee.» Die SNB sei bereits in Gesprächen über ein Swap-Abkommen mit der chinesischen Zentralbank.
Dass die EZB bereits ein solches mit China habe, verunsichert Thomas Jordan nicht. «In Europa selbst gibt es bisher keinen richtig funktionierenden Renminbi-Hub», sagt er. «Wir haben genügend Zeit.» Würde es gelingen, die Geschäfte in die Schweiz zu bringen, «wäre das sicher für den Finanzplatz ein grosser Vorteil», so Thomas Jordan.
Die Industrie hat sich schon arrangiert
Weniger euphorisch tönt es bei der Realwirtschaft. Der Ostschweizer Maschinenhersteller Bühler rechnet mit chinesischen Kunden und Lieferanten bereits seit zwei Jahren in Renminbi ab. Der Aufbau eines Renminbi-Hubs in der Schweiz würde «für uns nicht viel verändern», sagt Bühlers Finanzchef Andreas R. Herzog. Mittelfristig sähe er insofern Vorteile, als man mehr Bezug zur chinesischen Währung erhalte, wenn man sie auch in der Schweiz handeln könne. «Das kann nur positiv sein», so Herzog.
Wann der Entscheid über einen möglichen Hub-Aufbau in der Schweiz fällt, wissen die Chinesen alleine. Ebenso, wann der Renminbi komplett konvertibel sein wird, also frei handelbar wie der Franken, der Dollar oder der Euro. «Die Chinesen denken langfristig», sagt Julius-Bär-Mann Thomas R. Meier, die Liberalisierung der Währung sei «ein natürlicher Prozess, der in einem chinesischen Rhythmus passieren wird».