Zum Inhalt springen

Wirtschaft Immobilienblase: SNB-Chef sieht Gefahr noch immer nicht gebannt

Der Bundesrat verstärkt seine Massnahmen gegen eine Überhitzung auf dem Immobilienmarkt. Er beschliesst auf Antrag der Schweizerischen Nationalbank die Erhöhung des Kapitalpuffers. SNB-Präsident Thomas Jordan erklärt, warum. Die Bankiers und den Hauseigentümerverband freut dies dennoch nicht.

«Wir haben eine Situation auf dem Immobilienmarkt, die immer noch in Richtung Ungleichgewicht geht», sagte SNB-Präsident Thomas Jordan gegenüber SRF. Zudem sei ein sehr starkes Wachstum bei den Hypotheken und Preisen für Immobilien festzustellen. Es gebe immer noch keine Beruhigung, begründet Jordan seinen Antrag an den Bundesrat.

Dies bestätigt auch der Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung Serge Gaillard: «Es besteht die Gefahr, dass in einer nächsten Krise die Immobilienpreise einbrechen. Deshalb muss gegen diese Preissteigerung Gegensteuer gegeben werden», sagte Gaillard zu SRF.

Nur Beruhigung bei Hotspots

Der SNB-Chef sieht vor allem zwei Bereiche, die problematisch seien. Der eine seien die Hypotheken selbst. Dort sei das Wachstum zu hoch. Zum anderen stiegen die Preise für Eigentumswohnungen.

Dieses Problem kann Jordan nicht unbedingt auf eine bestimmte Region in der Schweiz reduzieren: «Wir haben eine Beruhigung bei bestimmten Hotspots. Auf der anderen Seite gibt es Regionen, bei denen bis anhin eine gemächliche Entwicklung festzustellen war, und jetzt ist es dynamischer.» Jordan konnte das Problem auch nicht auf eine bestimmte Bank reduzieren, da die SNB jeweils den gesamten Bankensektor analysiert.

Vor knapp einem Jahr hatte der Bundesrat den antizyklischen Kapitalpufer (AZP) aktiviert. Nun fordert die SNB eine Erhöhung der Reserve. Dies wirft die Frage auf, ob die damalige Massnahme nicht gewirkt hat. Dies verneint Jordan.

In Bezug auf den Aufbau von Eigenkapital im Bankensystem habe der AZP gut gewirkt. «Das hat geholfen, dass das Bankensystem robuster geworden ist.» Die Vergabe von Hypotheken soll weniger attraktiv werden und die Banken sollen vorsichtiger sein, erklärt Jordan.

Am wirksamsten wäre eine Einführung gewisser Limite bei der Verschuldung der Haushalte, also ein grösserer Anteil der selber finanziert werden müsste oder eine grössere Amortisation, erklärte wiederum Gaillard. Diesbezüglich gäbe es bereits Gespräche zwischen der SNB, der Finanzmarktaufsicht Finma und den Banken.

Kritik von den Banken

Bei den Banken kommt die erneute Erhöhung des AZP hingegen nicht gut an. Urs Rohner, Verwaltungsrats-Präsident der Credit Suisse, glaubt nicht an dessen Wirksamkeit.

In einer Mitteilung zeigte sich zudem die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) überzeugt, dass es sich dabei nicht um ein «zielführendes Mittel zur Steuerung der Immobilienpreise» handle.

Die Massnahme sei viel zu breit und habe noch keinen Test in der Realität bestanden. Entsprechend gross seien die Unsicherheiten über die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen.

Die SBVg anerkennt, dass es «punktuelle Überhitzungstendenzen» auf dem Immobilienmarkt gibt. Als Hotspots gelten die Regionen Zürich, Genfersee und St. Moritz, aber auch Gebiete in der Innerschweiz.

Noch Immo-Blase

Box aufklappen Box zuklappen

Gemäss einer Analyse der Grossbank UBS ist der Schweizer Immobilienmarkt hoch bewertet. Seit dem dritten Quartal 2013 bewegt sich der UBS Swiss Real Estate Bubble Index im Risiko-Bereich. Klare Anzeichen für eine Blase gibt es derzeit aber nicht. Im Gegenteil, beim Wohneigentum habe sich das Wachstum im Laufe des letzten Jahres verlangsamt.

Der Präsident der SBVg, Patrick Odier, urteilt auch hart über den Bundesratsentscheid: «Erstens wurden wir nicht konsultiert, zweitens ist diese Massnahme nicht unbedingt die beste, drittens ist es vielleicht noch zu früh, um diesen Puffer zu erhöhen und viertens gibt es da auch Möglichkeiten mit der Marktaufsicht Finma Selbstregulierungsmassnahmen zu treffen, die vielleicht nützlicher wären. Also ‹all in all› sind wir enttäuscht», sagte Odier zu SRF.

HEV bedauert, hat aber Verständnis

Der Schweizerische Hauseigentümerverband (HEV) bedauert, dass dieser Entscheid nötig wird, kann ihn aber angesichts der massiv steigenden Hypothekarkredite nachvollziehen. Der Entscheid wird zu höheren Hypothekarzinsen und damit wiederum zu höheren Wohnkosten führen.

Der antizyklische Kapitalpuffer der SNB setzt zwar angebotsseitig an, die Banken werden die erhöhten Eigenkapitalanforderungen jedoch den Hypothekarnehmern in Form von höheren Hypothekarzinsen weiterverrechnen. Davon sind nicht nur Schwellenhaushalte, sondern auch Kreditnehmer mit guter Bonität betroffen, schreibt der HEV.

Den Hypothekarnehmern empfiehlt der HEV in den nächsten Monaten noch stärker als bisher, zwischen den Angeboten der verschiedenen Kreditinstitute zu vergleichen. Der Kapitalpuffer soll nicht als Vorwand für eine Margenausweitung dienen.

Ende der Tiefzins-Phase

Der Entscheid des Bundesrates dürfte der Tiefstzins-Phase definitiv ein Ende bereiten. «Nach diesem Entscheid erwarte ich nicht, dass die Zinsen im laufenden Jahr wieder zurückgehen», sagt Stefan Rüesch, Bankenexperte bei Comparis.

Mehr zum Thema

Rüesch geht allerdings nicht davon aus, dass die Hypothekarzinsen aufgrund des Entscheides nun kurzfristig in die Höhe schnellen werden. «Die Erhöhung der Reservevorschriften durch den Bundesrat kommt nicht überraschend, sondern wurde von der Nationalbank schon im Dezember angedeutet», sagt Rüesch.

Der Anstieg der Zinsen für Hypothekarkredite im Dezember sei daher bereits als eine Reaktion des Marktes auf die erwartete regulatorische Veränderung zu verstehen. «Der Markt hat das antizipiert», sagte Rüesch.

Meistgelesene Artikel