Die Schwellen- und Entwicklungsländer holen auf: Das Pro-Kopf-Einkommen in ärmeren Ländern wächst schneller als in Industriestaaten. Während es sich in den Entwicklungsländern zwischen 1980 und 2011 um durchschnittlich 3,3 Prozent erhöhte, betrug die Zunahme in den Industriestaaten nur 1,8 Prozent. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.
Qualifizierte Arbeitsplätze
Fortschritte würden vor allem jene Länder machen, die in qualifizierte Arbeitsplätze investierten, sagt ILO Generaldirektor Guy Ryder. Es sind also nicht jene Länder, die den Handel liberalisieren und die Exporte steigern, wie so oft verlangt wird.
Dank neuer Jobs in neuen Branchen könnten sich die Menschen nach oben arbeiten, stellt auch Ekkehard Ernst fest. Er erforscht bei der ILO die Entwicklungen auf den Arbeitsmärkten. Essentiell seien neue Arbeitsmöglichkeiten ausserhalb der Landwirtschaft: «Wichtig ist, dass sich in diesen Ländern Manufaktur und Industrie entwickelt hat.» So würden immer grössere Bevölkerungskreise vom Wirtschaftswachstum profitieren.
Positiver Trend soll anhalten
Besonders zulegen konnte der Mittelstand in China. Mittlerweile würden mehr als die Hälfte der arbeitenden Chinesen zum Mittelstand gehören, so Ernst. Auch in Brasilien oder Peru habe der Anteil der Menschen am Mittelstand stark zugenommen. So habe etwa in Peru der Ausbau des Bergbaus dazu geführt, dass neue Einkommensschichten entstanden seien.
Der Anteil des Mittelstands nach ILO-Definitioin in Schwellen- und Entwicklungsländern stieg in den letzten zwei Jahrzehnten von 20 auf fast 45 Prozent. Der Trend dürfte laut ILO-Ökonom Ernst in den kommenden Jahren anhalten – wenn die betreffenden Länder etwas dafür tun: «Sie müssen jetzt verstärkt auf Wachstum durch Innovation und Wettbewerb setzen.» Gelinge dies nicht, könnte auch eine längere Pause bei der Entwicklung des Mittelstandes eintreten.
840 Millionen verdienen weniger als zwei Dollar
Trotz der Zunahme der Anzahl Personen, die laut ILO dem Mittelstand zugerechnet werden, bleibt die Zahl der bettelarmen Menschen auf der Welt hoch. Noch immer verdienen 839 Millionen Arbeiter pro Tag weniger als zwei US-Dollar. Das ist ein Drittel aller Arbeitnehmenden. Ein Lichtblick: Vor 20 Jahren waren es noch zwei Drittel, die so wenig verdienten.
Gründe dafür ortet die ILO in fehlendem Wirtschaftswachstum in den betreffenden Ländern. Zu wenig Investitionen in Infrastruktur und vor allem in Bildung verhindere dort eine wirtschaftliche Entwicklung. «Investitionen im Bereich Ausbildung und Schule sind ganz wichtige Elemente», betont ILO-Ökonom Ernst noch einmal.