Seit den 1970er-Jahren führt der Schweizer Stromzähler-Produzent Landis+Gyr ein Werk im griechischen Korinth, rund 80 km von Athen entfernt. Die Abläufe sind eingespielt, alles funktioniert bestens. Mediensprecher Thomas Zehnder: «Der Standort liefert, was er verspricht: Die Leute sind engagiert, motiviert, und sie halten sich an Abmachungen. Auf die Griechen ist, so wie wir sie kennengelernt haben, Verlass.»
Grund genug für Landis+Gyr, 30 Stellen von Zug nach Griechenland zu verlagern. Nach der Aufhebung des Mindestkurses seien reine Montagearbeiten bei Löhnen zwischen 4700 und 5400 Franken pro Monat in der Schweiz zu teuer. Griechenland dagegen ist günstig. Bereits in den 90er Jahren lagerte Landis+Gyr Stellen nach Griechenland aus, 2002 gleich noch einmal. Heute ist Korinth der grösste Produktionsstandort von Landis+Gyr in Europa.
Gut qualifizierte Angestellte
480 Angestellte arbeiten bei Landis+Gyr Korinth. Die überwiegende Mehrheit von ihnen sind Frauen. Viele haben eine gute Ausbildung, finden aber im erlernten Beruf keine Stelle – in der jetzigen Krise erst recht nicht. Etwa Mary Mavragani: Die 28-Jährige ist kaufmännische Angestellte. Nach der vierjährigen Ausbildung hat sie ein Praktikum bei einer Bank absolviert. «In meinem Beruf fand ich bisher keine Stelle. Jetzt arbeite ich in dieser Fabrik und bin zufrieden. Ich hoffe, dass ich meine Ausbildung irgendwann einsetzen kann.»
Oder Anastasia Soukouli: Die gelernte Bauzeichnerin ist 35 Jahre alt und Mutter von zwei Kindern. Sie führte ein Café, das sie wegen der Krise schliessen musste: «Die Arbeit ist sehr wichtig für mich, damit ich meine Familie ernähren kann. Ich verdiene zwar nicht sehr viel, aber genug, um zu leben.»
Griechische Krise? Kein Problem
Pro Tag verlassen – je nach Auftragslage – zwischen 10‘000 und 20‘000 Stromzähler das Werk. Sie werden in über 60 Länder exportiert: Vorwiegend nach Europa, Vorfertigungen auch in die USA. Die Lieferkette ist hauptsächlich durch Importe aus dem Ausland gesichert, nur wenige Unterlieferanten stammen aus Griechenland. Deswegen habe er kaum Probleme wegen der Krise, sagt Geschäftsführer Dimitrios Avrampos.
Selbst wenn Griechenland pleite ginge, würde das für Landis+Gyr Korinth nicht das Ende bedeuten. Im Gegenteil: «Die Kosten würden durch die Abwertung der Währung geringer, das heisst, theoretisch wäre es sogar ein Wettbewerbsvorteil. Aber natürlich wäre das für das Land eine mittlere Katastrophe», sagt Dimitrios Avrampos.
Keine Empfehlung zur Nachahmung
Obwohl Landis+Gyr gute Erfahrungen mit dem Standort Griechenland gemacht hat, würde Mediensprecher Thomas Zehnder anderen Firmen nicht unbedingt raten, dort zu investieren: «Wir haben natürlich den Vorteil, dass wir seit über 40 Jahren in Griechenland tätig sind. Dadurch können wir heute auf etablierte, starke Strukturen zurückgreifen und haben Prozesse, die funktionieren.» Das könne ein Mittelständler, der den ersten Produktionsstandort ausserhalb der Schweiz suche, natürlich nicht.