Google benachteiligt nach Ansicht der EU-Kommission in seiner Suchmaschine Rivalen zugunsten eigener Dienste. Angesichts von Marktanteilen von bis zu 90 Prozent in europäischen Ländern stelle dies den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar.
Dies gab die zuständige Kommissarin Margrethe Vestager heute bekannt. Die konkreten Beschwerdepunkte haben die Brüsseler Kartellwächter nach einer fast fünfjährigen Untersuchung an den US-Internetriesen geschickt.
Im Fokus: Google Shopping
Bei dem Streit geht es vor allem um die Anzeige von prominent platzierten Treffern aus der Preissuchmaschine Google Shopping. Zudem versucht Google seit einiger Zeit unter anderem mit Blick auf die Nutzung auf kleinen Smartphone-Bildschirmen verstärkt, den Nutzern gleich konkrete Antworten statt Link-Listen zu liefern.
Dominanz sei zwar nicht grundsätzlich ein Problem, sagte Vestager. Dominierende Unternehmen hätten aber die Verantwortung, ihre Position nicht auszunutzen, indem sie den Wettbewerb behindern.
Milliardenbusse und Auflagen?
Google hat nun zehn Wochen Zeit, auf die Beanstandungen zu antworten. Dann liege der Entscheid über eine allfällige Strafe für Google bei der EU-Kommission, sagt SRF-Brüssel-Korrespondent Sebastian Ramspeck. Wettbewerbskommissarin Vestager betonte in Brüssel, derzeit seien noch alle Wege offen. Aber wenn es am Ende keine Lösung gebe, werde die Kommission nicht vor einer Strafe zurückschrecken.
In einem Wettbewerbsverfahren in der EU kann die Strafe bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes erreichen. Im vergangenen Jahr setzte Google 66 Milliarden Dollar um. Angesichts der Geldreserven von über 60 Milliarden Dollar wäre für Google eine Milliardenstrafe zwar leicht zu stemmen.
Veränderungen in der Suchmaschine könnten den Konzern aber empfindlich treffen: Google macht sein Geld nach wie vor hauptsächlich mit Anzeigen im Umfeld der Internetsuche.
Sollte sich die EU-Kommission mit den Antworten von Google nicht zufriedengeben und Konsequenzen beschliessen, hat der Internetriese die Möglichkeit eines Rekurses vor dem Europäischen Gerichtshof. Für Sebastian Ramspeck steht deshalb fest, dass in der Sache ein erbitterter und langer Rechtsstreit bevorsteht.
Ärger auch wegen Android
Schwere Probleme drohen Google auch beim Betriebssystem Android. In einer separaten Untersuchung nimmt die EU-Kommission die Dominanz des Google-Betriebssystems für Smartphones und Tablets unter die Lupe.
Android ist an sich frei und kostenlos, aber Hersteller müssen Gebühren bezahlen, wenn sie Google-Dienste wie Maps oder GMail auf ihren Geräten anbieten wollen. Dabei muss man das gesamte Paket buchen und darf sich nicht einzelne Dienste wie Google Maps aussuchen. Brüssel stört sich an dieser Praxis.
Die Kommission will ausserdem prüfen, ob Google mit Anreizen für Hersteller, seine Dienste und Anwendungen exklusiv vorzuinstallieren, Konkurrenten illegal beeinträchtigt habe. Zudem soll untersucht werden, ob der Konzern Anbieter behindert habe, die eigene Android-Versionen vermarkten wollten.