Um im globalen Wettbewerb bei der Entwicklung neuer Medikamente mithalten zu können, müssen Pharmafirmen wie Novartis immer innovativer werden. Denn der Aufwand für Forschung und Entwicklung ist in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen. So nimmt die Entwicklung eines neuen Medikaments bis zur Markteinführung heute gemäss dem Pharmaverband Interpharma im Durschnitt zwischen 10 und 16 Jahre in Anspruch. Zudem fallen Kosten von rund 1.3 Milliarden Franken an. Einen Vorteil haben also jene Firmen, die ihre Medikamente effizient entwickeln und testen können.
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Dies versucht auch der Schweizer Pharmariese Novartis. Der Konzern ist laut eigenen Angaben das erste Pharmaunternehmen in der Schweiz, das bei der Suche nach neuen Wirkstoffen auf einen 3D-Biodrucker setzt. "Wir suchen derzeit nach neuen Medikamenten für die Behandlung von Muskel- und Sehnenerkrankungen. Bei dieser Suche verwenden wir menschliches Muskel- und Sehnengewebe, das wir mit dem Biodrucker herstellen", erklärt Hansjörg Keller, Forschungsgruppenleiter bei Novartis.
Weniger Tierversuche
Laut Keller bietet dieses Verfahren einige Vorteile. So wurde früher im Bereich Muskel- und Sehnenerkrankungen ausschliesslich mit Tiergewebe geforscht. Über den Einsatz des Biodruckers erhofft sich Novartis nun, die Anzahl Tierversuche dereinst reduzieren zu können.
Ein weiterer Vorteil ist, dass menschliches Gewebe den Forschern bei der Suche nach Therapiemöglichkeiten für Muskel- und Sehnenerkrankungen aussagekräftigere Resultate liefert. Wirkstoffe können so effizienter entwickelt und schneller am Menschen getestet werden.
Technologie steht erst am Anfang
Obwohl der 3D-Biodrucker die Novartis-Forscher in der täglichen Arbeit also bereits unterstützt, steckt die Technologie derzeit noch in den Kinderschuhen. Denn bis anhin konnten erst einfache Gewebe, wie Haut, Muskeln, Sehnen oder Knorpel gedruckt werden.
Die Vision der Forscher weltweit ist jedoch die Herstellung von kompletten Organen, wie Nieren oder Lebern. Das Drucken solcher Organe ist allerdings komplex, weil diese mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen können müssen. „Bei der Herstellung Organ-ähnlichem Gewebe haben wir noch einen langen Weg vor uns“, bestätigt Ursula Graf-Hausner von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW). Mit ihrem Team hat sie den 3D-Biodrucker mitentwickelt.
Auch ob Tierversuche in der Forschung dereinst ganz verschwinden werden, steht derzeit noch in den Sternen. Hansjörg Keller zeigt sich diesbezüglich skeptisch: „Wenn wir ein neues Medikament testen müssen wir überprüfen, wie sich dieses im Körper verteilt. Dazu benötigen wir einen lebendigen Organismus".