Der Hammer fiel bei 240 Millionen Franken. Tamedia entschied die Auktion um das Auktionshaus Ricardo für sich. Ringier, der andere Schweizer Interessent, hatte das Nachsehen. Der Preis, den Tamedia für Ricardo zahlt, ist gemäss Branchen-Insidern hoch.
Doch Christoph Tonini, CEO der Tamedia-Gruppe ist überzeugt, dass sich die Investition lohnt: «Ricardo ist mit dem eigenen Kern, ricardo.ch, schon sehr interessant. Daneben hat es mit Autoricardo und der Kleinanzeigenplattform OLX zwei Aktivitäten, die perfekt zu den unsrigen passen.»
Ricardo ist rentabel, allerdings wächst das Geschäft mit den Online-Auktionen in der Schweiz derzeit nicht mehr. Grosse Gewinne hat die Verkäuferin – die südafrikanische Naspers – damit nie erzielt. Interessant sind für Tamedia jedoch vor allem die über zwei Millionen registrierten Nutzer auf Ricardo, aber auch auf der Kleinanzeigenplattform OLX und Autoricardo.
Daten als Währung
Ein happiger Betrag also, den Tamedia in sein neues Geschäft investiert. Zu viel für einen «Flohmarkt» im Internet? «Das mag so wirken», sagt Thomas Lang, Experte für Online-Handel. «Aber man muss das differenziert betrachten». Denn neben den klassischen Gewinnmargen und -beteiligungen an Auktionen interessierten vor allem die Kundendaten, führt Lang aus. Konkret: «Welcher Nutzer legt welches Kaufverhalten an den Tag.»
Bei diesem «Daten als Währung»-Prinzip komme ein Spruch aus der digitalen Welt zum Tragen, so Lang: «Wenn etwas nichts kostet im Internet, dann bist du selber das Produkt.» Das gelte für Google oder Facebook, aber eben auch für eine kostenlose Plattform wie OLX. Die Dienste seien zwar kostenlos, man «bezahle» aber mit seinen Daten.
Wenn etwas nichts kostet im Internet, dann bist du selber das Produkt.
Und da das Online-Geschäft inzwischen über alle Alters- und Zielgruppen hinweg genutzt werde, entspreche die Klientel nun auch zunehmend derjenigen im normalen Detailhandel.
Tamedia legt im Rennen um Anzeigenkunden vor
Tamedia plant nun, die Ricardo-Portale mit den praktisch identischen eigenen Angeboten tutti.ch und car4you zu fusionieren. Auf diesen – dann deutlich grösseren – Plattformen kann Tamedia ihren Werbekunden mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Ausserdem kann das Medienhaus bei den Kleinanzeigen für Autos aufholen. Dort liegt das Unternehmen hinter Ringier und ihrem Marktleader Autoscout24 zurück.
Mehr Werbeeinnahmen und mehr Kleinanzeigen – die Rechnung, so glaubt Tamedia-Chef Tonini, könnte aufgehen: «Dann sehen wir schon, dass das Autogeschäft, aber auch das Kleinanzeigengeschäft, in Zukunft durchaus richtige Gewinne machen kann.»
Ein Stellenabbau ist laut Tonini nicht geplant. Im Gegenteil. Man wolle in den nächsten Jahren ausbauen. Die Wettbewerbsbehörde muss der Übernahme noch zustimmen. Die grossen Medienhäuser in der Schweiz kämpfen seit Jahren darum, die Kontrolle über den ins Internet abgewanderten Kleinanzeigenmarkt wieder zu erlangen. Tamedia kann mit dieser Übernahme nun gegenüber Ringier stark aufholen.