Das erste Wort gehört in Frankreich dem Präsidenten. Vor allem dann, wenn er von Xavier Niel spricht: «Vielen Dank, Xavier Niel, dass Sie uns hier in der Halle von Freyssinet empfangen, der Zukunft der französischen Start-up-Szene!»
Das war Ende Oktober, mitten in Paris. Der Präsident, drei Minister, die Bürgermeisterin von Paris, der Präsident der Region: Alle sind gekommen, um Niel zu danken.
Aus dem eigenen Sack finanziert der Gründer von Free Telecom dort den Umbau eines uralten Eisenbahndepots in ein Zentrum, das in zwei Jahren 1000 Start-up-Unternehmen beherbergen soll.
Frankreichs «Unternehmer des Jahrzehnts»
Typisch Niel. Der Self-Made-Unternehmer investiert Milliarden in die digitale Wirtschaft in Frankreich. Seine Ambition: Die Industrie seines Heimatlandes aus dem 19. Jahrhundert direkt ins 21. Jahrhundert zu katapultieren.
Einen Monat später steht er schon wieder auf der Bühne. Diesmal überreichen ihm der Premierminister und der Wirtschaftsminister die Auszeichnung «Unternehmer des Jahrzehnts». Und was sagt Niel dazu? Dass er stolz sei, seinen Landesgenossen sieben Milliarden Euro Kaufkraft zurückgegeben zu haben.
Multipack: Telefon, TV und Internet
Für die grosse Umverteilung in Frankreichs Hosentaschen war seine Free-Box verantwortlich. Niels Telekomunternehmen war das erste in Europa, das Internet, Telefonie und Fernsehen in einem Abo zusammenfasste.
Eine Revolution – technisch, aber auch in Bezug auf das Geschäftsmodell dahinter: alles aus einer Hand, ein einziges Abo, zu einem Discountpreis. Millionen Kunden hat er so seinen Konkurrenten abgeworben.
Swisscom, Cablecom und Sunrise unter Druck
Das brachte die Preise in kurzer Zeit so ins Rutschen, dass Frankreich heute als Modellfall für eine erfolgreiche Liberalisierung des Telekommarktes in Europa herhalten muss.
Free ist Programm und Niel wäre nicht Niel, wenn er seine Berufung nicht auch in die Schweiz exportieren wollte. Swisscom, Cablecom und Sunrise dürfen schon bald zu spüren bekommen, nach welcher Logik Free geschäftet. Das vergleichsweise hohe Preisniveau in der Schweiz gehört definitiv nicht zu dieser Logik.