Der starke Franken hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) in tiefrote Zahlen gedrückt. Sie weist darum im ersten Halbjahr einen Verlust von 50,1 Milliarden Franken aus. Der Verlust kommt nicht überraschend.
Nach dem Frankenschock hatte die Nationalbank bereits im ersten Quartal 2015 einen Rekordverlust von 30 Milliarden verbucht. Nachdem die SNB den Euro-Mindestkurs Mitte Januar aufgehoben hatte, wertete sich der Franken auf, was in der SNB-Bilanz im ersten Halbjahr zu wechselkursbedingten Verlusten auf sämtlichen Anlagewährungen in Höhe von 52,2 Mrd CHF führte.
Der Wechselkursschock im Januar
«Die Wertpapiere, die die SNB gekauft hat, sind in Euro deponiert und waren 1,20 Franken wert. Sie sind jetzt gefallen auf 1,03. Das heisst also, in Franken gemessen, haben die an Wert verloren.» So fasst es Jan Egbert Sturm von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich in «10vor10» zusammen.
Die Devisenreserven von 516 Milliarden Franken waren Ende Juni zu 42 Prozent in Euro angelegt, 32 Prozent entfielen auf den Dollar.
Ob die Nationalbank derzeit aktiv den Wechselkurs beeinflusst und dafür Fremdwährungen kauft, werde man in ein paar Wochen wissen, wenn die Zahlen herauskommen, erklärt Sturm. «Erst im Nachhinein sieht man, was über die Girokonten gelaufen ist und wie im Währungsmarkt eingegriffen wurde.»
Eigenkapital der SNB halbiert
Nachdem das Eigenkapital der SNB bereits durch den Verlust im ersten Quartal einen deutlichen Dämpfer erlitten hatte, hat es sich seit Jahresbeginn fast halbiert. Ende Juni belief sich das Eigenkapital der SNB noch auf 34,2 Milliarden Franken.
Natürlich seien das faktisch nur Buchverluste, sagt Sturm. Die Nationalbank müsse nicht unbedingt ein positives Eigenkapital haben; es sei zwar trotz allem wünschenswert. «Aber aus der Theorie heraus ist es nicht klar, wie weit man hier gehen kann. Für die SNB spielen die längerfristigen Risiken eine wichtige Rolle, denn grosse Schwankungen auf einem grossen Bestand können tatsächlich grosse Fluktuationen mit sich bringen und damit Unsicherheit kreieren.»
Weiterhin fraglich ist, ob Bund und Kantone 2016 noch von einer Ausschüttung eines allfälligen SNB-Gewinns profitieren werden. Diese bedeutende Einnahmequelle der öffentlichen Hand droht zu versiegen, wenn die Verluste im Gesamtjahr nicht geringer sind als die Ausschüttungsreserven des Vorjahres von 27,5 Milliarden.
Die Hoffnung der Kantone
Peter Hegglin, Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, sieht trotz der Verluste für die SNB im Moment keinen dringenden Handlungsbedarf.
Aktuell würde er den Ausschüttungsbetrag für die Kantone immer noch budgetieren. Denn «es gibt immer noch mehre Monate Zeit, um allenfalls zu korrigieren. Aber die langfristige Erfahrung zeigt, dass die Milliarde realistisch ist», schätzt Hegglin.
Hoffen könne man immer, meint dazu Jan Egbert Sturm. Er würde aber nicht darauf bauen. «Im Moment sieht es so aus, dass diese grossen Verluste nicht ganz und gar wieder wettgemacht werden können. Damit wird es schwierig sein, am Ende des Jahrs zu entscheiden, ob noch Geld an die Kantone und den Bund überwiesen werden kann.»