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Wirtschaft Pilotenmangel belastet Airlines

Weltweit können es sich immer mehr Menschen leisten, mit dem Flugzeug zu reisen. Die Airlines bauen ihre Flugzeug-Flotte darum seit Jahren aus. Jetzt stehen sie aber vor einem Problem: Sie haben zwar genug Flugzeuge, aber nicht mehr genug Piloten.

Thomas Steffen ist ein begehrter Mann. Der Schweizer Pilot eines Airbus A320 hat kürzlich ein lukratives Angebot erhalten. Eine Low-Cost-Airline wollte ihn abwerben. Steffen sagt: «Mein Lohn dort wäre doppelt so hoch gewesen wie in der Schweiz.» Anders als einige seiner Berufskollegen ist er dem Ruf aus dem Osten aber nicht gefolgt. Familie und Freunde hätten Priorität.

In China würde ich doppelt so viel verdienen wie in der Schweiz
Autor: Thomas Steffen Kapitän Airbus A320

Thomas Steffen

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Porträt des Piloten Thomas Steffen
Legende: Aeropers

Thomas Steffen ist Kapitän eines Airbus A320. Als Vizepräsident der Gewerkschaft Aeropers macht er sich zudem für gute Arbeitsbedingungen stark. Den Pilotenmangel spürt auch er direkt.

Abwerbungsversuche, wie Thomas Steffen sie erlebt hat, sind derzeit typisch für die Branche. Kein Wunder: Bis 2035 brauchen die Airlines weltweit über 30'000 zusätzliche Piloten – pro Jahr. Das prognostiziert der US-Flugzeugbauer Boeing und sorgt in der Branche für Gesprächsstoff.

Besonders grosser Pilotenbedarf in Asien

Hauptgrund für den Pilotenmangel ist das Wirtschaftswachstum in Asien, das die Zahl der Flugpassagiere in die Höhe treibt. Der Mangel wird aber noch verschärft, weil die Airlines je länger je mehr Mühe haben, Leute für den Pilotenberuf zu gewinnen. Das sei nicht nur in Asien ein Problem, sondern auch in der Schweiz, sagt Steffen, der auch Vizepräsident der Piloten-Gewerkschaft Aeropers ist.

Die Fluggesellschaften hätten darauf bereits reagiert: «Bei vielen Airlines wurden die Bedingungen, die es braucht, um Pilot zu werden, gesenkt. Zum Beispiel braucht es heute keine Matur mehr.» Ausserdem würden Piloten vermehrt auch im Ausland rekrutiert.

Airlines aber auch selber schuld

Der Fachkräftemangel im Cockpit sei teilweise aber auch selbstverschuldet, sagt der Pilot und Gewerkschafter. Die Airlines hätten die Arbeitsbedingungen sukzessive verschlechtert.

Weil Passagiere nicht mehr bereit seien, fürs Fliegen viel Geld auszugeben, hätten auch Qualitäts-Airlines die Ticketpreise gesenkt. In der Folge verdienten sie weniger und müssten sparen, zum Beispiel eben bei den Piloten.

So wurde vielerorts das Pensionsalter der Piloten erhöht. Die Airlines sparen auch bei der Nachwuchsförderung. Selbst grosse Unternehmen wie die Swiss sind nicht mehr bereit, sich an den Kosten für die angehenden Piloten zu beteiligen. Kosten, die insgesamt über 100'000 Franken ausmachen. «Wer will da noch Pilot werden?», fragt Steffen provokativ.

Auswirkungen auf Flugsicherheit

Wenn nicht genügend junge Piloten nachrücken, dann werben sich die Airlines halt weiter gegenseitig die Fachkräfte ab. Und wenn das nicht mehr funktioniert? Dann befürchtet Steffen, dass die Fluggesellschaften «nicht mehr so genau schauen, wen sie einstellen.» Die Flugsicherheit würde so eher abnehmen.

Ein Worst-Case-Szenario, das heute zum Glück nicht Realität ist. Aber die Fluggesellschaften stecken in der Zwickmühle: Trotz dem enormen Spardruck müssen sie den Pilotenberuf wieder attraktiver machen, um den Bedarf decken zu können. Eine schier unlösbare Aufgabe.

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