Die Idee, Strom aus Sonne und Wind in den Wüsten Nordafrikas und des Mittleren Ostens zu gewinnen, elektrisierte einst die Öffentlichkeit. Als sich die Desertec-Stiftung – ein Netzwerk aus Politikern, Wissenschaftlern und Ökonomen – vor fünf Jahren mit rund einem Dutzend grosser Unternehmen wie Siemens, Eon, der Deutschen Bank und RWE zusammenschloss, schien die Vision greifbar. Am meisten liess aufhorchen, dass der europäische Energieverbrauch zu 15 Prozent aus der Wüstensonne gedeckt werden könnte.
Gespräche und Beiträge zu Desertec
Mittlerweile haben sich Investoren wie Siemens, Bosch und Eon bereits verabschiedet, dem Vorhaben geht das Geld aus. Ein wichtiger Grund dafür: Der Strommarkt habe sich seit der Gründung des Projekts 2009 stark verändert, sagt Volker Quaschning, Professor für erneuerbare Energien in Berlin. «Der Solarstrom ist durch die Energiewende auch in Deutschland billiger geworden. Die von Desertec erhofften Kostenvorteile existieren in dem Masse gar nicht mehr. Deshalb steigen die Partner zunehmend aus.»
Desertec fördert erneuerbare Energie in Nordafrika
Strom ist im Übermass vorhanden. Elektrizität über den weiten Weg von Afrika heranzutransportieren, scheint immer weniger lohnenswert. Heute treffen sich in Rom die zwölf verbliebenen Gesellschafter. Sie sollen darüber entscheiden, ob und wie es weitergeht. Die beteiligten Firmen wollen offenbar kein weiteres Geld investieren.
Die Idee, dass Nordafrika mit Europa Strom handelt, funktioniere nicht, sagt Eneas Wanner, der Geschäftsleiter von Energie Zukunft Schweiz, einer Plattform für den Wissenstransfer für Erneuerbare Energie: «Bei internationalen Projekten ist es sehr schwierig, dass die dazu notwendigen Staaten wirklich kooperieren.» Das Vorhaben sei vielleicht zu ambitioniert gewesen.
Doch die Wüstenstrom-Vision habe auch etwas gebracht. Immerhin habe das Engagement von Desertec in den nordafrikanischen Ländern dazu beigetragen, dass dort heute mehr nachhaltige Energie produziert wird. Die Desertec-Stiftung spricht von 68 Projekten mit einer Gesamtleistung von vier Gigawatt, die durch die Industrieinitiative direkt oder indirekt angestossen wurden und teils bereits in Betrieb sind. «Die Mehrheit der nordafrikanischen Staaten hat heute ein kostendeckendes Einspeisevergütungssystem, wie wir das in Europa kennen», sagt Wanner. Die Einspeisevergütung sei der erste wichtige Schritt, damit mehr erneuerbare Energie produziert werde. Darauf komme es schliesslich an.