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Wirtschaft Riad: El Dorado für Spekulanten?

Einige Investoren sprechen vom Ereignis des Jahres: Seit Montag ist die saudische Börse Tadawul auch für ausländische Anleger geöffnet. Bisher war der Marktzugang Einheimischen und Investoren aus befreundeten Golfstaaten vorbehalten. Börsenexperten mahnen jedoch zur Vorsicht.

Wer bei der gestrigen Öffnung der saudischen Börse für ausländische Investoren ein Kursfeuerwerk erwartete, wurde enttäuscht: Der Tadawul – so heisst der saudische Aktienmarkt – verlor rund 0,9 Prozent. Dies, obwohl die Vorfreude bei ausländischen Anlegern gross war. Denn für viele von ihnen gilt Saudi-Arabien als einer der grössten Wachstumsmärkte.

Hälfte der Saudis unter 25 Jahre alt

Es handelt sich beim Tadawul um einen Aktienmarkt, der fast 600 Milliarden Dollar schwer ist. Damit ist dieser Börse die nicht nur die grösste im Nahen Osten sondern grösser als alle anderen Märkte der Region zusammen.

Auch die demografische Situation des Landes scheint Anleger optimistisch zu stimmen. Rund die Hälfte der Bevölkerung Saudi-Arabiens ist jünger als 25 Jahre alt. Damit wird die Zahl der Erwerbsfähigen in den kommenden Jahren stark ansteigen und das Wachstum im Land vorantreiben.

Abhängigkeit vom Öl als Hauptgrund

Das Königreich braucht frisches Geld, ist es doch im Moment in militärische Konflikte im Jemen und in Syrien verwickelt. Dazu kommt, dass der tiefe Ölpreis dem Land schwer zu schaffen macht. Farouk Soussa, Ökonom bei der Citigroup, bemerkte gegenüber der Handelszeitung, dass bei einem weiterhin tiefen Ölpreis, die Finanzreserven Saudi Arabiens in 18 Monaten aufgebraucht sein könnten. Die Öffnung des Aktienmarktes scheint also zumindest teilweise aus der Not geboren zu sein.

Doch auch der Tadawul ist eng mit dem Preis für Rohöl verbunden, welches für knapp 90 Prozent der Staatseinnahmen verantwortlich ist. Rund ein Drittel aller Titel im saudischen Aktienmarkt sind in der Ölindustrie angesiedelt. Der Ölpreis und der Tadawul-Index entwickelten sich in den vergangenen Jahren praktisch parallel. Trotzdem rechnen Experten, dass die Öffnung des Marktes über die nächsten fünf Jahre, bis zu 40 Milliarden Dollar an ausländischem Kapital in den saudischen Markt spülen dürfte.

Liberalisierung mit strengen Regeln

Doch die enge Beziehung des Aktienindexes mit der Ölindustrie ist für Experten nicht das einzige Risiko. Ein weiterer Drittel der Tadawul-Unternehmen sind Banken und Finanzdienstleister – ebenfalls eine Branche, die stark von der Entwicklung des Ölpreises abhängig ist. Auch der hohe Preis einiger Tadawul-Titel, vor allem im Konsumbereich, könnte aus der Sicht von Experten die Euphorie um den neuen Markt dämpfen.

Und zuletzt bleibt das politische Risiko. Momentan ist Saudi-Arabien in zwei kostspielige Konflikte verwickelt und gehört innenpolitisch zu den brutalsten und rückständigsten Regimen der heutigen Zeit. Es bleibt abzuwarten, ob dies ausländische Investoren abschrecken wird.

Die Liberalisierung des Tadawul für Ausländer obliegt strengen Regeln. In einem ersten Schritt dürfen nur institutionelle Anleger, welche mindestens fünf Milliarden Dollar verwalten und seit mindestens fünf Jahre existieren, am saudischen Markt Aktien erwerben. Diese erhalten eine Lizenz als «Qualifizierter ausländischer Investor» – kurz QFI. Zudem darf kein einzelner QFI mehr als fünf Prozent an einem Unternehmen besitzen, und alle QFI zusammen dürfen gemeinsam nicht mehr als zehn Prozent der am Tadawul gehandelten Aktien halten.

Riad auch für Schweizer Banken interessant

Schweizer Banken und Pensionskassen könnten in Riad als QFI zugelassen werden. Die Credit Suisse hat zudem vor, ihr saudisches Verkaufs- und Analystenteam zu vergrössern. Zusätzlich trägt man sich bei der CS in Gedanken das Investmentbankgeschäft im saudischen Königreich aufzustocken. Auch Konkurrentin UBS erklärt auf Anfrage, dass man weiterhin nachhaltiges Wachstum in der Region anstrebe.

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