Der Baukonzern Implenia expandiert im europäischen Infrastrukturgeschäft. Der Schweizer Marktführer übernimmt von der deutschen Bilfinger-Gruppe die Sparte Bilfinger Construction.
Die Einheit mit einer Produktionsleistung von rund 780 Millionen Franken und 1850 Mitarbeitenden bietet im deutschsprachigen Europa und in Skandinavien umfassende Dienstleistungen im Bereich Infrastrukturbau, wie Implenia mitteilte.
«Megaprojekte in der Schweiz» abgeschlossen
Der Zukauf soll die Position des Unternehmens ausserhalb der Schweiz stärken. Implenia-CEO Anton Affentranger will damit zu einem «Schlüsselplayer im Infrastrukturmarkt» in Nordeuropa werden. Denn die Wachstumsmöglichkeiten in der Schweiz sind begrenzt, deshalb der Schritt nach Europa.
«Wir wussten, dass die grossen Megaprojekte, die wir in der Schweiz hatten, einmal fertig werden.» Zum Beispiel die Durchmesserlinie in Zürich oder die Arbeiten beim Gotthard. «Wir wollen dieses Know-how behalten und weiterentwickeln», so Affentranger.
Patrick Appenzeller, Finanzanalyst bei Helvea, findet den Kauf und den Einstieg in Europa richtig. Die Staaten wollen die Wirtschaft mit Bauinvestitionen ankurbeln. «Es besteht ein gewisser Nachholbedarf, weil eben in den letzten Jahren auf die Sparbremse gedrückt wurde. Und es besteht natürlich ein enormer Renovationsbedarf.»
Wettbewerbsbehörden müssen Übernahme absegnen
Zum Kaufpreis erklärte Implenia, Bilfinger Construction werde, abhängig vom Jahresabschluss 2014, auf rund 110 Millionen Euro bewertet (Equity Value). Die Transaktion soll zwischen Anfang Februar und Anfang März abgeschlossen werden. Das Zustandekommen ist von der Zustimmung der Wettbewerbsbehörden abhängig.
Bilfinger Construction ist laut den Angaben führend in Spezialtief-, Ingenieur- und Tunnelbau. Das Unternehmen sei in Deutschland, Österreich, Norwegen und Schweden regional gut verankert.
Wahrscheinlich habe Implenia ein Schnäppchen gemacht, sagt Analyst Appenzeller. «Man weiss nie, was zum Vorschein kommt. Aber es ist durchaus möglich, dass daraus in zwei, drei Jahren ein substanzieller Ergebnisbeitrag resultieren wird.»
Implenia-Chef Affentranger betont das kleine Risiko: «Unsere Kunden sind finanziell gesund. Es sind Länder, welche starke Finanzierungsmöglichkeiten haben und vom Verschuldungsgrad her gesund sind.» Man habe auch für wenig Geld viel Kompetenz einkaufen können: gut ausgebildete Ingenieure und Techniker für den europäischen Markt. So sei die Übernahme weniger ein Risiko als eine grosse Chance.
Kritische Grösse erreicht
Durch die Übernahme werde Implenia künftig in Deutschland, Österreich und Skandinavien über die kritische Grösse verfügen, um vermehrt komplexe Projekte akquirieren und ausführen zu können.
Die Schweizer Baudienstleisterin mache einen wichtigen Schritt in der Umsetzung ihrer Strategie, sich international als Expertin für anspruchsvolle Infrastrukturprojekte zu etablieren, hiess es.
Dies ist auch nötig, wenn der Konzern weiter wachsen will. Bisher macht die Implenia 80 Prozent seines Umsatzes in der Schweiz. Wenn im nächsten Jahr der lange Boom der Schweizer Bauwirtschaft zu Ende geht und der Neat-Auftrag ausläuft, müssen neue Märkte erschlossen werden.