«Durch harte Arbeit, Exporte und den irischen Innovationsgeist werden wir auf dem Weltmarkt bestehen», sagt Tom McGuiness, der Chef der Firma Kingspan, in der «Rundschau». Seine Firma produziert Isolationsmaterial für die Bauindustrie in aller Welt. Doch die Zuversicht ist in Irland nicht mehr die gleiche wie früher. Der irische Ministerpräsident Eda Kenny erklärt: «In den 90er Jahren war die Frage beim Budget nie, wieviel wir einnehmen, sondern nur, wieviel wir ausgeben werden. Und das hat uns in diese wirtschaftliche Misere geführt, in der wir uns jetzt befinden.»
Irland hat zum Jahresbeginn die Präsidentschaft der Europäischen Union übernommen. Inzwischen gilt das Land als Musterschüler der europäischen Schuldenstaaten. Die Iren schlucken auch die härtesten Sparmassnahmen der Regierung fast ohne zu Murren. Und tatsächlich zeigen sich Silberstreifen am Wirtschaftshorizont. Im Gegensatz zu Griechenland und Portugal wächst die Wirtschaft auf der grünen Insel. Die Exportwirtschaft erlebt sogar einen eigentlichen Boom.
Niedrige Steuern machen es möglich
Die irische Wirtschaft profitiert weiterhin von sehr niedrigen Unternehmenssteuern. Die Regierung Kenny setzte sich gegen die Europäische Union durch, die auf eine Steuererhöhung drängte. Die tiefen Steuern haben zahlreiche Wirtschaftsmultis dazu bewogen, ihr europäisches Hauptquartier in Irland aufzuschlagen. Google, Paypal oder Amazon.
«Das Wichtigste in der irischen Wirtschaft sind die tiefen Unternehmenssteuern. Diese haben es ermöglicht, hier in Irland extrem viele Arbeitsplätze zu schaffen. Die Politiker dürfen diese Steuern nicht erhöhen», sagt Stephen McNamara, der Sprecher der Billig-Fluglinie Ryanair. Ryanair transportiert mittlerweile mehr Flugpassagiere in Europa, als jede andere Fluggesellschaft.
Während die Exportwirtschaft boomt, ist die Inlandnachfrage noch im Keller. Deshalb glaubt auch Kinspan-Manager Tom McGuiness, dass Irland zusätzliche Entlastung braucht: «Unser Land wird langsam aber sicher aus dieser Krise herauskommen. Trotzdem glaube ich, dass Irland einen Schuldenerlass braucht, damit wir motiviert und auf Kurs bleiben können.»
Das «Billion-Euro-Haus»
Doch nicht alle sind so optimistisch. Irlands bekanntester Ökonom David McWilliams sieht im Gespräch mit der «Rundschau» schwarz: «Die Steuereinnahmen sinken. Die Arbeitslosigkeit steigt. Die Auswanderung steigt. Die Immobilienpreise fallen. Das alles zeigt, dass sich unsere Wirtschaft nicht erholt.»
Der Künstler Frank Buckley reagiert mir irischem Sarkasmus auf die Milliardenschulden seines Landes. Er hat ein Haus aus geschredderten Euro-Noten gebaut: das «Billion-Euro-House». Das Baumaterial, zu Backsteinen gepresste Geldschnitzel, bekam er von der Zentralbank geschenkt.
Früher verteilte die Zentralbank die Klötze als Brennmaterial an arme Menschen. Geld sei nicht alles, meint Künstler Buckley: «All dieses Geld, das sie hier sehen: Eine Milliarde. Es ist nicht einmal das Papier wert, auf das es gedruckt ist. Es ist absolut wertlos! Ich habe etwas aus nichts gemacht. Damit drücke ich aus, was ich beim Anblick von Geld empfinde.»