Auf der Suche nach geeigneten Lehrlingen geht das Industrieunternehmen Bühler in Uzwil neue Wege: Das Unternehmen bietet Oberstufenlehrern eine dreiwöchige Schnupperlehre an. Die Lehrer sollen so ihre Schüler und deren Eltern besser über den Berufseinstieg informieren und vorbereiten können.
Knapp 300 Lehrlinge bildet Bühler derzeit in zehn verschiedenen Berufen aus. Jedes Jahr stehen 80 bis 90 neue Lehrstellen offen. Die Schnupperlehre für Lehrer wie auch ein Besuchstag für Schülerinnen sind Teil einer Offensive, die der Lehrlingschef von Bühler, Andreas Bischof, vor einigen Jahren lancierte. Er wollte damit dem sich abzeichnenden Lehrlingsmangel vorbeugen.
Geburtenschwache Jahrgänge
Bühler gilt zwar als beliebter Lehrlingsbetrieb – doch mit geburtenschwachen Schulabgangsjahrgängen bis 2018 wird es stets schwieriger, gute Schulabgänger für die anspruchsvollen technischen Berufsausbildungen von Bühler zu gewinnen.
«Wenn wir vor fünf Jahren diese Massnahmen nicht beschlossen hätten, hätten wir heute ein Problem», sagt Bischof. Er betrachtet die Lehrer-Schnupperlehre als «Eigeninitiative, um die Zusammenarbeit mit der vorgelagerten Stufe zu intensivieren».
Wie viel Bühler für die Betreuung der Lehrer investiert, kann Bischof nicht beziffern: «Wenn wir dadurch qualitative Verbesserungen in der Schulstube heranbringen können und so die richtigen Menschen zu uns bringen, die uns die Lehrer empfehlen, kann man das nicht in Geld ausdrücken.»
Lehrabbrecher: Teure Fehlinvestition
Die Investition auf Lehrer-Ebene lohnt sich auch, weil die vierjährige Ausbildung von Lehrlingen mit durchschnittlich rund 100‘000 Franken Bruttokosten für die Firmen sehr teuer ist. Geeignete Lehrlinge, die nicht zu Lehrabbrechern werden, sind für Bühler Gold wert. Zudem stehen auch jedes Jahr 80 bis 90 Pensionierungen an, und die Lehrabgänger sollen, wenn möglich, im Betrieb bleiben.
Bruno Bollhalder, Lehrgangsleiter Vorlehre am Berufszentrum St. Gallen, erlebte in Uzwil den Alltag der Polymechaniker, Anlagebauer, Konstrukteure und Automatiker. Für Bühler war er der siebte «Schnupperlehrer».
Erst seit der Schnupperlehre kann der Lehrer die Arbeit in diesen Berufen fassbar erklären. Er beobachtet, dass seine Schüler nur ein paar der über 200 Berufe wirklich kennen. Bevor er die Schnupperlehre bei Bühler absolviert hatte, erklärte er den Schülern die Berufe und den Berufsalltag mithilfe von Unterlagen aus dem Internet.
Heute kann er aus eigener Erfahrung vom Lehrlingsalltag berichten. Bruno Bollhalder betont nach seinem Einblick bei Bühler: «Nur das Schnuppern alleine gibt einen guten Einblick in einen Beruf.» Gleichzeitig könne auch der Betrieb den Schüler kennenlernen.
Für den Lehrlingschef von Bühler, Andreas Bischof, sind die Erfahrungen, die er mit den Anwärtern beim Schnuppen macht, viel entscheidender als Noten oder Bewerbungsschreiben.