Frau Heng näht in der Fahnenfabrik Bern gerade zwei Stoffbahnen für eine Knatterfahne zusammen. An das vorfabrizierte rote Quadrat mit weissem Schweizer Kreuz kommen zwei lange weiss-rote Fortsätze. Bald ist 1. August.
Doch: «Das 1. August-Geschäft ist für uns kein Geschäft mehr», sagt Pierre Karlen. Er ist der Inhaber der ältesten Fahnenfabrik der Schweiz. «Gottlob haben wir noch viele Stammkunden, die unsere Schweizer Fahne wollen.»
Eigene Produktion ist rückläufig
Die Konkurrenz ist gross: Heute hätten alle Detailhändler eine Fahnenecke: «Coop, Migros, Aldi und wie sie alle heissen», so Karlen. Meist ist dies Massenware aus dem Ausland; das Geschäft mit den Fahnen hat sich verändert. Heute sind Werbefahnen für Firmen oder Organisationen bedeutend wichtiger als Fahnen am Nationalfeiertag oder für Schützen- und Sportvereine.
Mittlerweile produzieren allerdings auch die Schweizer Fahnenfabriken nur noch wenige Fahnen selber. Einzelanfertigungen etwa, oder Kleinstserien. Auch bei Karlen, der noch drei Näherinnen beschäftigt: «Früher haben wir sehr viel selber hergestellt. Heute kaufen wir oft im Ausland bedruckte Stoffe, die wir hier dann veredeln und als Produkt fertigstellen», erklärt er.
«Veredeln und handeln», «Qualität und Service», lautet das neue Geschäftsmodell. Der Grossteil des Geschäfts ist der Handel. Rund ein Fünftel des Umsatzes erwirtschaftet die Fahnenfabrik Bern noch mit Fahnen, die sie in der Schweiz fertigstellt, Aufhängungen für die Fahnenmaste annäht und bügelt.
«Es muss aufgehen Ende Jahr»
So hält Karlen das Familienunternehmen, das er in dritter Generation führt, über Wasser. «Sicher muss das Ende Jahr irgendwie aufgehen», sagt er. Aber von Geld verdienen wie die Banker könne keine Rede sein.
Statt auf neue Technologien und teure Investitionen setzt Karlen lieber auf Kooperation im In- und Ausland. Damit kann er dem Kunden alles bieten. Gleichzeitig versucht er, so den internationalen Konkurrenzdruck abzufedern und weiter Fahnen zu verkaufen. Auch für den 1. August.