Trotz eines Rekords bei der Anzahl Naturkatastrophen war im vergangenen Jahr der angerichtete Schaden nur halb so gross wie im langjährigen Durchschnitt. Für Andreas Schraft, Leiter Naturkatastrophen bei der Swiss Re, ist klar: «Wir hatten einfach Glück.»
Es gab keine Mega-Katastrophen wie zum Beispiel das Erdbeben mit Tsunami in Japan oder den Wirbelsturm «Sandy» in den USA. Beide hatten in früheren Jahren massive Schäden verursacht.
Schadenpotenzial nimmt zu
Doch auch wenn in den letzten Jahren die durch Katastrophen angerichteten Schäden rund um den Globus nicht mehr ganz so hoch waren wie auch schon, warnt Schraft vor einer allzu rosigen Zukunft. Denn die Schadenpotenziale würden weltweit stetig wachsen.
Betroffen seien vor allem schnell wachsende Städte, die sich zum Beispiel in Asien entlang von Flüssen und Küsten ausdehnen. Hier ist das Risiko von Sturmfluten und Überschwemmungen durch Hochwasser besonders hoch. Doch diese Risiken sind nur selten versichert.
Der grösste Teil ist nicht versichert
«Nur etwa ein Viertel der volkswirtschaftlichen Schäden ist versichert. Drei Viertel sind nicht gedeckt und müssen von den Hauseigentümern, den Geschäften, den Familien und vom Staat getragen werden», sagt Schraft.
Dabei werde die Öffentliche Hand in einem Katastrophenfall doppelt belastet: Sie muss ihre eigenen Infrastrukturen reparieren und auch die Bevölkerung unterstützen. Es lauern also Kosten in Milliardenhöhe in bedrohten Gebieten.
Der Naturkatastrophen-Spezialist bei Swiss Re denkt dabei aber nicht nur an rasant wachsende Städte in Asien, sondern auch an Erdbebengebiete in Italien oder in der Schweiz. Denn auch hier wäre bei einer Katastrophe nur ein kleiner Teil des Schadens versichert.
Staaten im Katastrophenfall gefordert
Diese sogenannte Unterdeckung habe verschiedene Ursachen, stellt Schraft fest. So nähmen viele Menschen, die in Gefahrengebieten wohnten, die Gefahr oftmals gar nicht wahr. Aber auch die Versicherungsbranche selbst habe geschlafen. «Zum Teil gab es gar keine Versicherungsdeckung zu kaufen, zum Teil war sie zu teuer und zum Teil verstehen die Menschen gar nicht, wie sie funktioniert.»
Deshalb zahlen heute vor allem Staaten und Private im Katastrophenfall. Doch die Versicherungsindustrie und auch die Staaten bewegen sich: Ein aktuelles Beispiel ist die Insel Vanuatu, die letzte Woche von einem schweren Zyklon getroffen wurde: Die Regierung des Inselstaats habe eine Versicherung abgeschlossen, die ihr nun helfe, die Nothilfe für die Bevölkerung zu finanzieren, so Schraft.
Für die Versicherer winkt hier ein Geschäft, im Gegenzug haben Staaten im Katastrophenfall einen finanziellen Rückhalt. Angesichts der düsteren Prognosen, dass die Anzahl Naturkatastrophen weiter zunehmen und auch die Schäden wieder steigen dürften, ist dies wohl durchaus ein Konzept für die Zukunft.