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Ein Schild weist auf eine Baustelle im Hintergrund hin.
Legende: Die Schweizer Baubranche sieht schwierigeren Zeiten entgegen. Keystone/Archiv

Wirtschaft Trübere Aussichten für die Schweizer Baubranche

Noch haben Schweizer Bauunternehmen buchstäblich alle Hände voll zu tun. Im ersten Quartal dieses Jahres trug das Baugewerbe sogar überdurchschnittlich viel zum Wachstum der Schweizer Volkswirtschaft bei. Doch auf den zweiten Blick steht fest: Die Baugesuche gehen bereits zurück.

Kein Boom dauert ewig. Und so kommt es, dass sich auf dem Schweizer Bau das Ende der Hochkonjunktur ankündigt: 12 Prozent weniger Gesuche für neue Wohnungen sind bei den Gemeinden eingetroffen in den letzten sechs Monaten.

Christian Kraft ist Leiter von Immobilien-Research der Credit Suisse. Er nennt das die Vorboten einer Abkühlung in der Baubranche. «Die Abschwächung in den Baugesuchen dürfte sich 2015 auch in nachlassenden Umsätzen im Bau bemerkbar machen», sagt er.

Vom Baugesuch bis zum Spatenstich dauert es. Daher die Verzögerung bis nächstes Jahr. Zudem sind die Auftragsbücher der Betriebe immer noch prall gefüllt. Bis heute übersteigt die Nachfrage nach Wohnungen das Angebot. CS-Ökonom Kraft will darum auch nicht Alarm schlagen. Er erwartet, dass sich die Bauwirtschaft dieses Jahr gut entwickelt. Vor allem in den grossen Ballungszentren im Mittelland rund um Zürich und den Genfersee läuft das Geschäft noch rund.

«Im Moment weht ein rauer Wind»

Anders sieht es in den Tourismusregionen aus: Im Wallis, in Graubünden und im Berner Oberland. Dort hat das Ja zur Zweitwohnungsinitiative vor zwei Jahren schon viel verändert. In diesen Regionen spricht Andreas Felix vom Graubündnerischen Baumeisterverband «von einer eigentlichen Lähmung des Hochbaubereiches». Da geschehe im Moment sehr wenig.

Das gleiche Problem beobachtet Hans Wanzenried, Baumeister in der Tourismus-Hochburg Gstaad. «Im Moment weht ein rauer Wind», sagt er. «Der Verdrängungskampf wird härter, weil das Segment des Zweitwohnungsbaus an etlichen Orten schon eingebrochen ist. Diese Unternehmungen drängen sich dort nun in den Kampf um die bestehenden Aufträge.» Das werde einschneidende Folgen haben. Wanzenried geht davon aus, dass ein Abbau des Personalbestandes von bis zu 30 Prozent nötig sein wird.

Gleiche Preise trotz steigender Nachfrage

Verschärfter Wettbewerb spielt nicht nur im Spezial-Segment der Zweitwohnungen. In der ganzen Breite des Baugeschäfts wird mit spitzem Bleistift kalkuliert. Die Gewinn-Marge ist schmal. Denn höhere Preise sind wegen der harten Konkurrenz kaum durchzusetzen.

Es handle sich um eine Branche mit einer sehr starken Nachfrage, erklärt Branchenexperte Kraft von der CS. Und dennoch hätten sich die Baupreise seit 2008 kaum von der Stelle bewegt.

Silvan Müggler vom Schweizerischen Baumeisterverband bestätigt dies. «Wir beobachten seit Jahren, dass der Preiskampf trotz des steigenden Bauvolumens immer härter wird.» Der Preis sei sowohl bei den öffentlichen als auch bei den privaten Bauherren oft das einzige Kriterium bei der Vergabe von Aufträgen. Grosse Reserven konnten die Betriebe in den guten Zeiten also nicht bilden. Für magere Zeiten sind sie deshalb schlecht gerüstet.

Niedrige Zinsen und Zuwanderung als Treiber

Richtig schwierig könnte es werden, sollten zwei andere Entwicklungen dazu kommen: deutlich höheren Zinsen und weniger Zuwanderung. Es war nämlich diese Kombination aus niedrigen Zinsen und Bevölkerungszunahme, die den Bau-Boom entfacht hat. Fallen diese zwei Treiber in Zukunft weg, wird es bedrohlich.

Doch Prognosen über die Zinsentwicklung sind schwierig. Und wie sich die Annahme der SVP-Zuwanderungs-Initiative auf die Wohnungsnachfrage auswirken wird, ist ebenfalls ungewiss. Die Bauwirtschaft macht darum weiter wie bisher, baut so viel und so lange sie kann. Denn sie weiss: Bald lässt auch dieser Boom nach.

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