Wie ein Damoklesschwert hängt seit Monaten die Befürchtung über den Schweizer Privatbanken, sie könnten vom EU-Markt ausgeschlossen werden. Tausende von Stellen seien dann in Gefahr, hiess es.
Grund: Die EU diskutiert seit längerem über strengere Regeln für die Finanzbranche. Es sah danach aus, dass jede Schweizer Bank in jedem EU-Land, in dem sie geschäften will, eine Filiale haben muss – was für viele der hiesigen Banken sehr teuer geworden wäre.
Weiter geschäften wie bisher
Nun haben sich Vertrerer des EU-Parlaments, der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission auf eine neue Finanzmarkt-Richlinie (MiFID II) geeinigt, welche die Geschäftstätigkeit der Schweizer Banken nur wenig einschränken dürfte.
Tatsächlich könnten die Banken ihr Geschäft mit Privatkunden in der EU wohl so weiterführen wie bisher, sagt SRF-Korrespondent Urs Bruderer in Brüssel. Gemäss MiFID II bleibt alles beim Alten: Die sogenannte Drittstaatenregelung – die Frage nach dem Zugang zum Markt für Banken und andere Finanzfirmen aus Nicht-EU-Ländern – bleibt auch mit MiFID II national geregelt. «Damit sind die Schweizer Banken bisher gut gefahren», so Bruderer.
Schweiz hatte keinen Einfluss auf den Entscheid
Die vorliegende Lösung sei weniger dem Lobbying des Bundesrates in Brüssel zu verdanken, als den einzelnen EU-Staaten, erklärt Bruderer. Diese hätten wenig Interesse daran, die Kontrolle des Privatkunden-Geschäfts Brüssel zu überlassen. «Nicht die Schweiz hat den Ausschlag gegeben, sondern der Widerstand vieler einzelner EU-Länder hat den Plan der Brüsseler Zentrale zu Fall gebracht», so der Korrespondent.
Bruderer glaubt nicht, dass der in der Nacht auf Mittwoch in Brüssel gefundene Kompromiss noch scheitert – er muss noch vom EU-Parlament und dem Ministerrat genehmigt werden. In der Richtlinie MiFID II wird neben dem Marktzugang auch der Hochfrequenz- und Derivatehandel oder die Nahrungsmittelspekulation geregelt. Um den «riesigen Kompromiss» sei intensiv gefeilscht worden, so Bruderer. «Es wird sich kaum eine Mehrheit finden lassen, um diesen Kompromiss nochmals aufzuschnüren.»
Neue Regeln für institutionelle Kunden
Die neuen Regeln sehen nur für institutionelle oder professionelle Kunden EU-weite Zugangskriterien vor. Doch auch hier ist kein Niederlassungszwang vorgesehen.
Die EU-Kommission prüft lediglich, ob die nationalen Regeln – also etwa jene in der Schweiz – denjenigen in der EU entsprechen. Falls dem so ist, erhalten die Schweizer Banken Zugang zum gesamten EU-Markt. Sie können institutionellen Kunden ihre Dienste also in allen Mitgliedsländern anbieten – ohne dort eigene Filialen eröffnen zu müssen.
Bankiervereinigung begrüsst Entscheid
Die Schweizerische Bankiervereinigung ist erfreut über diese Entwicklung. Hätten die Schweizer Banken nicht mehr von der Schweiz aus arbeiten dürfen, hätte dies bis zu 7000 Stellen gekostet, mutmasst Thomas Sutter von der Bankiervereinigung.
Der EU-Markt sei der wichtigste Markt für die Schweizer Banken. Für die Schweiz und die Arbeitsplätze in der Schweiz sei es wichtig, Dienstleistungen in den EU-Raum weiterhin aus dem eigenen Land anzubieten. Nur so könnten die Arbeitsplätze hier bleiben.