Das Thema in Kürze:
- Derzeit werden die Fallpauschalen für 2016 verhandelt.
- Versicherer wollen die Pauschalen senken, Universitäts-Spitäler argumentieren, sie bräuchten im Gegenteil höhere Fallpauschalen.
- Uni-Spitäler wollen als eigene Gruppe behandelt werden, da sie komplexere Fälle betreuten.
- Zudem argumentieren sie: Derzeit sind die Fallpauschalen nur tragbar, weil sie teilweise kantonal unterstützt würden.
Erstmals seit Einführung der neuen Spitalfinanzierung Swiss DRG im Jahr 2012 verhandeln die Uni-Spitäler derzeit wieder als Gruppe mit den Krankenversicherern. Die Gespräche sind harzig, zu konträr die Positionen. Die Krankenversicherer wollen über sinkende Fallpauschalen verhandeln.
Zudem lehnen sie es ab, die Uni-Spitäler weiterhin als separate Spitalgruppe zu betrachten. «Es gibt keine offizielle Kategorie für Uni-Spitäler, sie sagen einfach von sich selber, sie seien eine spezielle Kategorie, aber Stand heute mit den Daten, die man heute hat, gibt es keinen sachlichen Grund mehr, um eine eigene Kategorie für Uni-Spitäler zu machen», sagt Santésuisse-Direktorin Verena Nold gegenüber «ECO» .
Das sehen die Uni-Spitäler ganz anders. Und verweisen dabei auf ihren Leistungsauftrag, der sie zu einem grösseren Leistungsangebot verpflichte, ihnen deshalb komplexere Krankheitsfälle beschere und damit deutlich höhere Kosten verursache als einem Nicht-Uni-Spital. Ergo bräuchten Unispitäler eine höhere Fallpauschale: 11‘562 Franken Fallpauschale für 2016 fordern die Uni-Spitäler. 10‘350 Franken lautet das Angebot der Krankenversicherer.
Verteilkampf um Prämien und Steuergelder
Es ist ein Verteilkampf um Versicherungsprämien und Steuergelder, der seit Einführung der Spitalfinanzierung im Jahr 2012 tobt. Denn gemäss Krankenversicherungsgesetz KVG müssen für stationäre Leistungen die Krankenversicherer mit 45 Prozent aufkommen, 55 Prozent übernehmen die Kantone – ein Streit um viel Geld.
Aber hinter der aktuellen Auseinandersetzung steckt auch die Frage, wie gut die Spitalfinanzierung Swiss DRG nach vier Jahren Einführungsphase inzwischen funktioniert. Die Krankenversicherer sind der Meinung, das System wäre inzwischen so detailliert, dass sämtliche Leistungen und Fälle – egal wie komplex – ausreichend entschädigt würden. Die Unispitäler sagen: Es funktioniere in ihrem Fall noch nicht gut genug.
Rückenwind für ihre Argumente erhalten die Unispitäler von der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich. «Swiss DRG funktioniert darum nicht perfekt, weil bei den hochkomplexen Fällen zu wenig Daten vorhanden sind, um dort die Abgeltung korrekt zu berechnen und darum die Spitäler, die diese Patienten behandeln, ein Problem bekommen, weil die Vergütung nicht stimmt und sie dadurch Defizite erleiden», erklärt Spitalplaner Hansjörg Lehmann.
Diese Aussage hat deshalb Gewicht, weil Zürich in Sachen Kostentransparenz seiner Spitäler als Vorzeigekanton gilt. Seit Einführung von Swiss DRG beobachten alle übrigen Kantone mit Argusaugen, welche Preise der Kanton für seine Spitäler festsetzt, wenn diese sich nicht mit den Krankenversicherern auf eine Fallpauschale einigen können.
Die Zürcher Tarife gelten in der Branche als streng datenbasiert und darum als besonders fair. In zahlreichen Fällen hat der Kanton Zürich vor dem Bundesverwaltungsgericht BVG Recht bekommen.
Subventionierte Tarife
Die Krankenversicherer stellen sich auf den Standpunkt, dass sie sich mit immerhin drei der fünf Uni-Spitäler bisher auf Fallpauschalen einigen konnten. Diese liegen mit rund 10‘400 Franken derzeit deutlich unter den 11‘300 Franken in Zürich.
Hugo Keune, Finanzchef des Unispitals Zürich USZ, hat dafür eine Erklärung: Die Tarife seien verfälscht. «10‘400 Franken sind bei dem Patientenstamm, den diese Spitäler behandeln, ein subventionierter Preis. Die Unispitäler, die auf dem Niveau abschliessen konnten, sind mit den Kosten vergleichbar mit dem USZ und brauchten eigentlich auch einen höheren Preis, können aber dank Zuzahlungen des Eigentümerkantons den Preis auf das Niveau senken.»
Im schlimmsten Fall müsste das USZ rückwirkend bis 2012 über 200 Millionen Franken an Krankenversicherer und Kanton zurückzahlen.
Dass der Kanton Basel-Stadt sein Uni-Spital subventioniert und damit den Wettbewerb verzerrt habe, gibt der Vorsteher des Gesundheitsdepartments Lukas Engelberger gegenüber «ECO» unumwunden zu. Damit sei in 2016 aber Schluss: «Wir sehen das als Übergangsphänomen. Wir haben auch die Subventionen aufs Jahr 2016 gekürzt um über ein Drittel, wir werden das nicht im bisherigen Ausmass weiter finanzieren. »
Pauschalabzug für Forschung und Lehre untersagt
In den drei Kantonen Genf, Waadt und Basel-Stadt konnten die Krankenversicherer einfach pauschal 23 Prozent für Forschung und Lehre von den Spitalkosten abziehen und den Kantonen rüberschieben. Weniger Kosten für die Prämienzahler, mehr Kosten für die Steuerzahler.
Die Suche nach einer fairen Fallpauschale für die fünf Schweizer Uni-Spitäler geht in eine nächste Runde. Dass diese sich mit den Krankenversicherern auf höhere Fallpauschalen für 2016 einigen, ist derzeit eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass auch dieser Streit am Ende vor dem BVG landet.