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Wirtschaft USA holen Jobs aus China zurück

Nicht nur die Arbeitslosigkeit in den USA liegt mit 7,5 Prozent auf dem tiefsten Stand seit der Finanzkrise. In den letzten drei Jahren sind rund 50'000 nach China ausgelagerte Jobs zurückgekehrt, wie «ECO» zeigt. Es könnte der Beginn einer Renaissance sein.

Viele flinke Hände stecken die Bestandteile von Haarstreckeisen zusammen und legen sie synchron aufs Laufband. Noch vor vier Jahren arbeiteten chinesische Hände in Shenzen für die US-Firma Farouk Systems. Heute sind es Latinas in Texas. Rosalinda Lopez, Mutter von vier Kindern, ist heilfroh um die Chance. Zuvor hatte sie jahrelang vergeblich nach einer Stelle gesucht.

Made in USA – kein wirtschaftlicher Selbstmord, sagt Unternehmer Farouk Shami zu «ECO»: «In China brauche ich 70 Arbeitskräfte, um das zu erledigen, was hier 16 Leute können.»  

Produktion in USA ab 2015 günstiger als in China

150 neue Fabrik-Arbeiterinnen können in Shamis Firma in Texas beschäftigt werden. Die rund viermal höhere Produktivität gleicht die tieferen Lohnkosten in China weitgehend aus. Im Reich der Mitte entsteht zudem eine neue Mittelklasse, die Löhne steigen jährlich um 18 Prozent.

Dazu kommen der gestiegene Ölpreis für den Schiffstransport, ein schwächerer Dollar, der Importe verteuert, Zoll- und Lagerhaltungskosten. US-Studien kommen zum Schluss, dass die Herstellung vieler Produkte in China ab 2015 teurer ausfallen werde als in den USA.

Noch ist das «Reshoring»-Volumen gering

«Reshoring» heisst die neue Wortschöpfung und Lieblingsschlagzeile in den Wirtschaftskolumnen der US-Zeitungen. Reshoring ist die Umkehr des Begriffs Offshoring. Die Auslagerung hat die USA im letzten Jahrzehnt rund 3 Millionen Industriejobs gekostet.

Auch Präsident Barack Obama erwähnt den neuen Trend gerne, sei es in seiner diesjährigen «State of the Union»-Ansprache oder letztes Jahr beim Besuch des Schlossherstellers Masterlock – auch wenn dieser nur 100 Arbeitsplätze zurückgeholt hat. Immer wieder erwähnt werden Ford, General Eletric und Caterpillar, die je Tausende Jobs in die USA verlagern. Insgesamt sind es bisher rund 50'000. Im Vergleich zu den abgewanderten Industriejobs ist das Volumen also noch klein.

Ist Texas das neue China?

«Reshoring»-Experte Harry Moser reist von Konferenz zu Konferenz, um Unternehmer und Beamte für die Rückverlagerung von Jobs aus Asien zu gewinnen. Für ihn ist es das Rezept, um das rekordhohe Handelsdefizit der USA zu reduzieren. «Der Dollar kollabiert sonst irgendwann, und dann verlagert China die Drecksarbeit in die USA», so Moser.

Die Recherchen von «ECO» aber zeigen, dass schon heute vor allem sogenannte «Mc Jobs» aus China in die USA zurückkehren – Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich. Die flinken Hände in Farouk Shamis Haarstreckeisen-Fabrik verdienen nämlich neun Dollar pro Stunde, nur wenig mehr als den Mindestlohn in Texas von 7,25 Dollar.

Andere Unternehmer, die Arbeitsplätze zurückgeholt haben, sagen offen, weshalb sie Texas ausgewählt haben: Weil der Bundesstaat keine staatlichen Einkommenssteuern erhebe, weil die Gewerkschaften schwach seien und der Boden günstig. Auf die Frage, ob Texas das neue China sei, antwortet Farouk Shami denn listig: «Texas ist das Land Gottes!»

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