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Valentin Vogt, Präsident Schweizerischer Arbeitgeberverband, gestikuliert während eines Gesprächs. (keystone)
Legende: Für Vogt ist klar: Solange der Arbeitsmarkt so liberal bleibt, bleiben auch rasche Job-Umlagerungen möglich. Keystone

Wirtschaft «Viele Entlassungsmeldungen an einem Tag – purer Zufall»

Allein am Mittwoch wurde in der Schweiz der Abbau von bis zu 1500 Arbeitsplätzen bekannt. Diese Häufung ist ein Zufall und kein Zeichen, dass der Schweiz eine neue Entlassungswelle bevorsteht. Davon ist Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt überzeugt.

Die traditionsreiche Schweizer Privatbank Notenstein La Roche baut hundert Stellen ab, der Chemieriese BASF schliesst sein Forschungszentrum in Basel, es fallen 180 Stellen fallen weg. Zudem gab am Mittwoch die Post die Schliessung von bis zu 600 Poststellen bekannt, 1200 Mitarbeitende sind betroffen. Was bedeuten all diese Hiobsbotschaften an einem einzigen Tag für den Zustand der Schweizer Wirtschaft? Auskunft gibt Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt.

Valentin Vogt

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Valentin Vogt ist seit Juli 2011 Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands. Vogt ist ausserdem Präsident des Verwaltungsrats und Miteigentümer der Burckhardt Compression Holding.

SRF News: Nachrichten von Stellenstreichungen lassen aufhorchen: Geht es der Schweiz so schlecht, dass wieder massenweise Stellen abgebaut werden müssen?

Valentin Vogt: Die Wirtschaftslage hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert, wir rechnen für das laufende Jahr mit einem kleinen Wirtschaftswachstum. Allerdings gibt es grosse Unterschiede zwischen den Branchen und selbst zwischen verschiedenen Unternehmen innerhalb einer Branche. Darum kommt es punktuell zu einem Stellenabbau

Welche Branchen sind besonders von möglichen Stellenstreichungen betroffen?

Relativ gut geht es den Pharma- und Lebensmittelindustrien, den Autozulieferern oder den Medizinaltechnikbranchen. Eher schwierig ist es für die Uhrenbranche, den Detailhandel und zum Teil für die Maschinenindustrie.

Trotzdem werden auch in gut gehenden Branchen – siehe etwa BASF – Stellen abgebaut. Steckt die Schweizer Dienstleistungsindustrie in der Krise?

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Das kann man so nicht sagen. Die Unterschiede von Unternehmen zu Unternehmen sind sehr gross. So werden etwa bei der Post zwar Hunderte Stellen abgebaut, aber es werden dadurch nicht ebenso viele Personen arbeitslos. Es werden auch neue Stellen geschaffen, die mit Leuten besetzt werden, deren Stelle aufgehoben wurde. So versucht man, die Anzahl Kündigungen zu minimieren.

Wie sieht es in der Bankenbranche aus? Hier wurden im ersten Halbjahr fast 3500 Stellen gestrichen?

Bei den Banken geht es darum, die Produktivität zu steigern. Zudem muss man in der ganzen Diskussion den gesamten Arbeitsmarkt im Auge behalten: In der Schweiz werden jeden Tag mehr als 2000 neue Arbeitsverträge unterschrieben. Von den rund fünf Millionen Erwerbstätigen wechseln rund 500'000 jedes Jahr ihre Stelle.

Die Schweiz verzeichnet zwar ein leichtes Wirtschaftswachstum, doch manche Firmen beklagen im laufenden Jahr einen starken Auftragsrückgang. Geht es den grossen Unternehmen doch nicht so gut?

Viele grosse Unternehmen beschäftigen nur noch wenige Personen in der Schweiz, die meisten ihrer Stellen sind im Ausland. Man kann deshalb von solchen Nachrichten nicht unbedingt auf den Werkplatz Schweiz schliessen, weil sie das ganze Unternehmen betreffen.

Kann man also sagen, dass viele der abgebauten Stellen bloss umgelagert werden und viele Betroffene eine neue Anstellung finden?

In der Schweiz funktioniert der Arbeitsmarkt traditionell gut. Wir haben einen liberalen Arbeitsmarkt, der die Umlagerungen erlaubt. Solange dies funktioniert, werden die Leute vom Arbeitsmarkt auch gut wieder aufgenommen. Dass all die erwähnten Entlassungsmeldungen an einem einzigen Tag zusammengekommen sind, halte ich für einen Zufall.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

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