Eine Strombörse funktioniert manchmal wie eine Aktienbörse: Wer über Preise Bescheid weiss und Kurse manipuliert, kann viel Geld verdienen. Natürlich ist das illegal. Die EU geht jetzt dagegen vor. Ab Herbst wird eine Behörde den Stromhandel genau überwachen. Bei Auffälligkeiten ermittelt sie, falls nötig, bestraft sie.
Dann wird die Schweiz zu einer ethischen Senke.
In der Schweiz dagegen sind Marktmanipulation und Insiderhandel beim Strom nicht verboten. Auch gibt es kein Gesetz zur umfassenden Überwachung. Das findet Carlo Schmid, Präsident der eidgenössischen Elektrizitätskommission, bedenklich: «Die Erfahrung ist immer die gleiche: Wenn an einem Ort Regeln verschärft werden, dann gibt es immer Leute, die diesen Regeln auszuweichen versuchen und Standorte suchen, wo solche Regeln noch nicht bestehen. Dann wird die Schweiz zu einer ethischen Senke.»
Im Moment gebe es zwar noch keine Hinweise auf unsaubere Machenschaften im Schweizer Stromhandel, sagt Schmid weiter. Aber «wir haben ein Reputationsrisiko, das wir nicht noch vergrössern möchten. Wir sind der Auffassung, dass wir sonst schon genügend Reputationsprobleme haben».
Gesetzentwurf liegt in der Schublade
Die Schweizer Behörden können den Stromhandel bloss beobachten, eingreifen bei Unregelmässigkeiten dürfen sie nicht. Ein Entwurf für ein Gesetz über die «Integrität und Transparenz» des Stromhandels liege zwar in einer Schublade in der Bundesverwaltung, schreibt die Elektrizitätskommission in ihrem Jahresbericht. Aber bislang habe es niemand herausgenommen.
Das zuständige Bundesamt für Energie will dazu vor dem Mikrofon nicht Stellung nehmen. Sprecherin Marianne Zünd sagt, man kommentiere Schmids Befürchtungen nicht. Das Gesetz gegen Manipulationen im Stromhandel liege deshalb in der Schublade, weil der Bundesrat die Verhandlungen mit der EU über ein Stromabkommen für eine gangbare Alternative halte. Nur sind diese Verhandlungen im Moment blockiert. Es dürfte also noch dauern, bis die Schweiz Gesetze für einen sauberen Stromhandel hat.