In Florida hat der Prozess gegen Raoul Weil, die ehemalige Nummer 3 der UBS, begonnen. Aus den Fragen von Weils Anwalt David Mandell an die möglichen Geschworenen liessen sich erste Strategien der Verteidigung des Bankers ablesen.
Der Fall Weil: Worum geht es?
So behaupten die Anwälte des Bankers, eine fehlbare Gruppe von UBS-Bankern habe ihre illegalen Tätigkeiten vor dem Chef verborgen. Weil habe von den Verfehlungen erst im Nachhinein erfahren.
Der Topbanker plädiert auf unschuldig. Diese Verteidigungsstrategie «ist auf jeden Fall mutig», sagt SRF-Korrespondent Arthur Honegger aus Florida. «Die Geschworenen sind ein bunter Mix aus ganz gewöhnlichen Amerikanern», so Honegger. «Weil – als ehemaliger Schweizer Topmanager – dürfte es schwer haben, diese Menschen restlos von seiner Unschuld zu überzeugen. Vor allem dann wenn sie erfahren, dass die UBS, die jahrelang mitgelenkt hat, ihre Schuld ja bereits eingestanden hat und Hunderte Millionen Dollar zahlen musste.»
Anwalt Mandell fragte weiter, wer von den möglichen Geschworenen in seiner Arbeit Untergebenen vorstehe. Alle der leitenden Angestellten unter den Befragten mussten zugeben, dass ihre Mitarbeiter auch schon Fehler begangen hätten, ohne dass die Leitung dies rechtzeitig erfahren habe.
Intakte Chancen?
Besteht denn eine Chance für einen Freispruch? «Chancenlos ist Weil nicht», sagt Honegger. Zwar werde die Anklage hier eine ganze Wagenladung an Beweisen vorfahren – rund vier Millionen Dokumente. Dies seien aber Dokumente, die vor allem aufzeigen, dass die UBS im Offshore-Geschäft bis 2009 öfter mal das Eine gesagt und das Andere getan habe. «Für einen Schuldspruch müssten die Ankläger aber beweisen, dass Weil diese Vergehen auch orchestriert hat. Und das dürfte sehr viel schwieriger werden», erklärt der US-Korrespondent.
Schweizer Banker mit schlechtem Ruf
Dass es der Schweizer Banker vor dem Gericht in Florida nicht einfach haben wird, zeigte sich, als die Geschworenen zu ihrem Wissen über das Schweizer Bankgeheimnis befragt wurden. Es sei allgemein bekannt, dass das Bankgeheimnis dazu da sei, Reichen zu helfen, Geld vor den Steuerbehörden zu verbergen, gaben mehrere der möglichen Geschworenen an.
Staatsanwalt Mark Daly versuchte, jene möglichen Geschworenen zu eruieren, die einen Groll gegen die Regierung oder die Steuerbehörden hegen und deshalb den Fall nicht objektiv beurteilen könnten.
Erste Zeugen am Mittwoch
Voraussichtlich am Mittwochmorgen (Ortszeit) werden die ersten Zeugen der Anklage aufgerufen. Als einer der ersten wird Hansruedi Schumacher auftreten, der bis 2002 Amerika-Chef der UBS war und dann in führender Position für die mittlerweile nicht mehr existierende Neue Zürcher Bank arbeitete.
Auf der Zeugenliste aufgeführt ist wie erwartet auch Martin Liechti, der bei der UBS einst als Chef des Überseegeschäftes mit Nordamerika amtete und dabei Weil unterstellt war. Auch ein einstiger UBS-Kundenberater, der den US-Behörden nach seiner Verhaftung die Kontoauszüge von zwei Kunden aushändigte und dafür unlängst in der Schweiz wegen Spionage gebüsst wurde, figuriert auf der Zeugenliste.