Da ist einmal die offizielle Arbeitslosen-Statistik, die das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco jeden Monat veröffentlicht. Sie erfasst alle Personen, die bei einem RAV, einem Regionalen Arbeitsvermittlungsamt, registriert sind.
Anzahl Arbeitslose je nach Statistik
Und dann gibt es die vom Bundesamt für Statistik quartalsweise publizierten Zahlen zur Erwerbslosigkeit. Sie werden nach den Normen der Internationalen Arbeits-Organisation ILO mit Befragungen bei gut 30'000 Haushalten erhoben. Sie erfassen auch diejenigen Arbeitssuchenden, die nicht beim RAV gemeldet sind.
In der Schweiz gibt es 100‘000 Arbeitslose, die sich nicht auf dem RAV registrieren.
Ein Unterschied, der ins Gewicht falle, sagt Arbeitsmark-Experte Michael Siegenthaler von der ETH Zürich: «In der Schweiz gibt es 100‘000 Arbeitslose, die sich nicht auf dem RAV registrieren.»
Und das sei durchaus von Belang, denn die Arbeitslosenquote gemäss Seco und die Erwerbslosenquote gemäss ILO bewegten sich nicht im Gleichklang, betont Arbeitsmarkt-Experte Siegenthaler: «Man beobachtet seit ein paar Jahren, dass die Zahl der registrierten Arbeitslosen recht konstant bleibt, während die Zahl der Arbeitslosen gemäss ILO zunimmt.»
Gesetzesrevision als Erklärung
Als Erklärung zieht Siegenthaler eine Gesetzesrevision vor vier Jahren bei: Die in finanzielle Schieflage geratene Arbeitslosenversicherung wurde damals saniert, indem man die Beiträge erhöhte und die Leistungen für bestimmte Gruppen kürzte. Für Studienabgänger etwa oder für Langzeitarbeitslose. Auf einen Schlag verloren so rund 15'000 Menschen ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld und wurden ausgesteuert.
Es gibt vermehrt Arbeit auf Abruf oder befristete Arbeitsverträge.
Und jedes Jahr kommen mehrere Zehntausend dazu. Im letzten Jahr dürften es rund 36'000 sein, die ausgesteuert wurden und damit aus der Statistik verschwinden.
Schlechte Bedingungen für Wiedereingegliederte
Zwar habe ein Jahr nach der Aussteuerung jede und jeder Zweite wieder eine Stelle gefunden, sagt der zuständige Bereichsleiter Magnus Fink vom Bundesamt für Statistik. Freilich meistens zu schlechteren Bedingungen: «Es gibt vermehrt Arbeit auf Abruf oder befristete Arbeitsverträge.» Man sehe auch die Unterbeschäftigung, die in dieser Kategorie viel höher sei. Das bedeutet, dass die Leute eine Teilzeitbeschäftigung haben, das Pensum aber gerne erhöhen würden.
Zudem sei der Lohn im neuen Job meist tiefer. Doch welche Statistik ist nun die richtige? Die gemäss ILO erhobene Befragung oder die Seco-Statistik der registrierten Arbeitslosen? Magnus Fink will sich nicht festlegen. «Ich glaube, man kann nicht von einer realistischeren oder besseren Statistik reden kann.» Beide seien wichtig, je nach dem, was man anschauen wolle.
Schweiz im Vergleich gut
Auch für den KOF-Experten Siegenthaler gibt es nicht die eine, richtige Statistik. Für die Medien und auch für ihn als Konjunkturforscher seien die schnell verfügbaren und detaillierten Seco-Zahlen durchaus interessant. Aber die tatsächliche Höhe der Arbeitslosigkeit werde in der ILO-Statistik am besten erfasst. Diese weist für die Schweiz eine Arbeitslosenquote auf 4,8 Prozent aus. Im internationalen Vergleich immer noch ein sehr guter Wert.