Seit 2006 war Thomas Daum der oberste Arbeitgeber der Schweiz. Als Direktor des Arbeitgeberverbandes vertrat er mehr als 100‘000 Unternehmen mit einer Million Beschäftigten. Daum hat den Verband geprägt. Er plädierte stets gegen zu viel staatliche Eingriffe in den Arbeitsmarkt und sprach sich für Absprachen zwischen Sozialpartner aus. Nun ist Daum 65-jährig und wird pensioniert. Sein Nachfolger wird Roland Müller, der bereits seit 2007 in der Geschäftsleitung des Verbandes sitzt.
SRF: Welche Bilanz ziehen Sie nach sieben Jahren an der Spitze des Arbeitgeberverbandes?
Thomas Daum: Es waren turbulente Zeiten. Wir hatten den Boom der Nullerjahre, dann kamen wir in die Finanzkrise. Die Schweiz konnte diese Krise dank ihrer Stärken gut überwinden. Zu diesen Stärken gehören der freie Arbeitsmarkt und die gute Arbeitslosenversicherung.
Heute steht die Schweiz gut da. Aber sie steht gleichzeitig unter starkem Druck von aussen. Die weiteren Jahre werden ebenso spannend sein.
Auch in der Schweiz ist ja das Klima zwischen den Sozialpartnern angespannt. Kürzlich gab es beispielsweise einen Streik in einer Sparfiliale.
Das Verhältnis zwischen den Sozialpartnern ist in der Schweiz nicht schlecht. Es ist vielleicht etwas angespannt. Ein Grund dafür ist die politische Situation, die hat sich polarisiert. Auch die Sozialpartner können sich dieser Stimmung nicht ganz entziehen. Aber man muss die Verhältnismässigkeit wahren. Wir haben in 99 Prozent der Unternehmungen gute Beziehungen. Es kommt dann und wann zu Zwischenfällen, wie der erwähnte bei Spar. Die Aufmerksamkeit, die solche Ereignisse gewinnen, zeigt uns aber, wie stark wir die Ruhe gewohnt sind, wie stark wir uns an den sozialen Frieden gewöhnt haben. Das muss für uns die Aufforderung sein, auch in Zukunft dem Arbeitsfrieden unsere Aufmerksamkeit zu schenken.
Sie haben immer auch an die Verantwortung der Arbeitgeber appelliert. Trotzdem wurden überhöhte Löhne und Boni für Manager bezahlt und es gab auch Lohndumping. Nun gibt es schärfere Regulierungen. Stichwort Abzocker-Initiative und Solidarhaftung in der Baubranche. Wurden sie von ihrer eigenen Basis, von den Unternehmern, im Stich gelassen ?
Ich würde nicht sagen, dass das die Basis war. Es gab aber Erscheinungen – etwa bei den Löhnen – die wir auch kritisierten. Auch beim Lohndumping gab es gewisse schwarze Schafe. Das ist aber eine absolute Minderheit. Die Mehrheit leidet jetzt unter der Masslosigkeit und der Disziplinlosigkeit einiger weniger. Die Regulierungen sind die Folge davon.
Wir müssen uns aber auch bewusst sein, dass die Anwesenheit vieler grosser multinationaler Unternehmungen zu gewissen Spannungen führt. Ich glaube, die wichtigste Aufgabe der nächsten Jahre ist, hier wieder ein besseres Einvernehmen zu finden. Diese grossen Unternehmungen spielen zum Teil nach anderen Regeln. Wir profitieren aber sehr stark von diesen grossen Unternehmungen. Wir sollten ihnen den Rahmen schaffen, damit sie sich hier in der Schweiz wohlfühlen. Nur so können wir weiter von ihren attraktiven Arbeitsplätzen, von den Steuereinnahmen und ihren weiteren Leistungen profitieren.
Was heisst das konkret? Zum Beispiel für den Abstimmungskampf zur 1:12 –Initiative oder zur Mindestlohn-Initiative?
Die Wirtschaft muss vor allem aufzeigen, wie gut die Verhältnisse in der Schweiz sind. Die Arbeitnehmenden profitieren von Verhältnissen, wie sie sonst nirgends oder fast nirgends in der Welt anzutreffen sind: Tiefe Arbeitslosigkeit, eine hohes Lohnniveau, wenig Niedriglöhne. Wir müssen den Stimmberechtigten klar machen, dass all das nicht mit der 1:12-Initiative oder mit der Mindestlohn-Initiative aufs Spiel gesetzt werden darf.
Das Gespräch hat Susanne Schmugge geführt.