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Wirtschaftsprognose Der verfrühte Optimismus des IWF

Es liegt vor allem an den USA, dass der Internationale Währungsfonds seine Prognose für die Weltwirtschaft kurz vor Beginn der Frühlingstagung gerade erhöht hat.

Der IWF hofft, dass das knapp zwei Billionen schwere Konjunkturprogramm von US-Präsident Biden nicht nur der US-Wirtschaft, sondern auch der ganzen Weltwirtschaft auf die Sprünge hilft. Ganz unbegründet ist die Hoffnung nicht: Die USA sind nicht nur grösste Wirtschaftsmacht der Welt, sondern auch ein wichtiger Exportpartner für Länder wie die Schweiz. Wenn die Amerikaner mehr Geld zum Ausgeben haben, kann das allen helfen.

Trotzdem wäre es verfrüht, damit auch ein schnelles Ende der Gesundheits- und Wirtschaftskrise in zu erwarten. Dazu gibt es noch zu viele Risiken. Das grösste Risiko ist die Pandemie selbst. Auch, wenn zumindest in Industrieländern langsam immer mehr Menschen geimpft werden – das Coronavirus ist noch lange nicht besiegt.

Wachsende Ungleichheit gefährdet Wirtschaftswachstum

Ein weiteres Risiko: Eine wirtschaftliche Erholung zeichnet sich bisher nur in Industrieländern ab. Entwicklungs- und Schwellenländer fällt es dagegen schwer, die Krise in den Griff zu bekommen. Einzige Ausnahme ist China. Die meisten armen Länder haben – im Gegensatz zu Industrieländern – nicht genug Geld, um Konjunkturprogramm für die Wirtschaft aufzulegen und Impfstoffe zu kaufen. Das wirft sie zurück. Als Folge ist die Zahl der in Armut lebenden Menschen allein im letzten Jahr gemäss IWF um 95 Millionen gestiegen. Auch die Ungleichheit nimmt zu. Wachsende Ungleichheit gefährdet auch das Wirtschaftswachstum.

Trotzdem müssen viele arme Länder mit knappen Ressourcen auch in Corona-Zeiten noch alte Kredite zurückzahlen – in vielen Fällen auch an den Währungsfonds. Das Geld würde woanders dringender gebraucht. Kommt hinzu: Da vielen Ländern die Einnahmen aus Tourismus oder Rohstoffverkäufen Corona-bedingt weggebrochen sind, droht einer ganzen Reihe von ihnen das Geld ganz auszugehen.

Ärmere Länder werden weiter abgehängt

Damit droht eine neue Schuldenkrise. Doch die Lösungen, die IWF und G20 bisher anbieten, reichen bei Weitem nicht aus. Zwar setzen sich G20-Länder wie Deutschland dafür ein, dass Schuldenmoratorium für die ärmsten Länder der Welt bis Jahresende zu verlängern. Aber das hilft nur vorübergehend. Und selbst da nur ein bisschen, denn das Moratorium gilt nur für öffentliche Schulden. Nicht aber für die Masse der Schulden an private Gläubiger. Diese verweigern bisher jedes Entgegenkommen.

Solange es keine nachhaltige Lösung für die Schulden gibt, solange werden es viele arme Länder schwer haben, wirtschaftlich den Anschluss zu finden. Schon jetzt hat Corona ihre Entwicklung um viele Jahre zurückgeworfen.

Maren Peters

Südasien-Korrespondentin

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Maren Peters ist seit September 2022 Südasien-Korrespondentin für Radio SRF und berichtet von Indien aus über Afghanistan, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Nepal, Bhutan und die Malediven. Zuvor war sie Wirtschaftsredaktorin bei Radio SRF. Dabei beschäftigte sie sich insbesondere mit internationaler Wirtschafts- und Entwicklungspolitik sowie Nachhaltigkeits- und Rohstofffragen.

Echo der Zeit, 06.04.2021, 18 Uhr

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