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Was ist auf dem Papiermarkt los?
Aus Rendez-vous vom 11.01.2019. Bild: Keystone
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Zellstoff ist knapp Deshalb sind Papiernastüechli teurer

Trotz digitalisierter Wirtschaft wird mehr Papier verbraucht. Schuld ist der weltweit steigende Lebensstandard.

Der Rohstoff für Taschen-, Hygienetücher oder Windeln – Frischzellstoff – hat innerhalb eines Jahres je nach Herkunft um 20 und 40 Prozent aufgeschlagen. Auch Pascal Diemand, der als Schweiz-Chef des Hygienepapier-Herstellers Kimberly-Clark das Geschäft seit 20 Jahren kennt, findet das aussergewöhnlich: «Das ist einzigartig.»

Chinesen verbrauchen mehr Papier

Den Hauptgrund für den Preisanstieg sehen Beobachter im stark gestiegenen Bedarf in Asien – vor allem in China – an frischem Zellstoff. Kommt hinzu, dass die Zellstoffproduktion – die Wälder, aus denen Zellstoff gewonnen wird – noch vor ein paar Jahren künstlich verknappt worden sind, um die Preise zu stützen. Inzwischen aber fehlen die Bäume, als Folge steigen die Preise.

Für die Verpackungsindustrie, die dank den Online-Händlern immer mehr Kartonpakete liefern soll, ist das eine schwierige Situation. Peter Siegel, Verkaufsleiter beim Verpackungsmaterialproduzenten Medewo, sagt, sein Unternehmen habe die Preise im letzten Jahr bereits zwei Mal nach oben anpassen müssen. Allerdings sei die volle Weitergabe der Mehrkosten nicht immer möglich: «Dann versuchen wir, uns mit dem Kunden zu einigen. Damit er einen Teil übernimmt und den anderen wir.»

Symbolbild: Junge Frau schnäuzt sich die Nase.
Legende: Schnäuzen wird teurer. Imago

Rohstoffpreis bestimmt Endpreis

Wenn der Rohstoff Zellulose teurer wird, dann merken das auch die Hersteller von Taschen- und Hygienetüchern sofort. Der Rohstoff mache einen grossen Teil der Produktionskosten aus, so Diemand von Kimberly Clark. «Löhne, Energie, Wasser und so weiter sind im Vergleich dazu marginal.» Kein Wunder also, dass das derzeit auch die Konsumenten direkt zu spüren bekommen.

Die Migros beispielsweise hat die Preise für Taschen- und Hygienetücher in den letzten Tagen um vier bis sieben Prozent angehoben. «Dank unseren Vorräten konnten wir die Preise lange konstant halten, doch nun sind wir leider gezwungen zu reagieren», sagt Mediensprecher Patrick Stöpper.

Energiepreise verteuern Recycling-Produkte

Übrigens werden auch Taschentücher aus Recyclingpapier aktuell teurer. Dafür gibt es allerdings einen anderen Grund: Beim Recycling spielten die Energiekosten eine sehr grosse Rolle, sagt der Migros-Sprecher. Deshalb würden jetzt auch die Recycling-Taschentücher teurer.

Der Branche bleibt die Hoffnung, dass sich die Zellulose-Preise stabilisieren. Erste Anzeichen dafür gibt es. Allerdings haben Schweizer Unternehmen keinen direkten Einfluss auf diesen globalen Markt. Sie importieren die Zellulose aus verschiedenen europäischen und südamerikanischen Ländern. Die letzte Schweizer Zellulose-Fabrik, jene im solothurnischen Attisholz, hat ihre Tore vor über zehn Jahren geschlossen.

Problematische Zellstoff-Produktion in Südamerika

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Ein grosser Teil der Zellulose stammt aus Südamerika. In Chile, Venezuela oder Brasilien wurden zur Gewinnung von Holz zum Teil Urwälder abgeholzt, wie SRF-Südamerika-Korrespondent Ueli Achermann berichtet. Auf den frei gewordenen Flächen sei inzwischen Kunstwald angepflanzt worden, um die ganze Welt mit Zellulose zu beliefern. Doch diese Kunstwälder führen zu massiven ökologischen und sozialen Problemen: Die schnell wachsenden Bäume entziehen dem Boden viel Wasser. Als Folge davon wächst rund um die Kunstwälder gar nichts mehr. Seit Jahren wehren sich die Ureinwohner in Chile deshalb teilweise auch mit militanten Mitteln gegen die Forstkonzerne. Doch geändert hat sich für sie gar nichts. Denn die Konzerne sind nicht daran interessiert, die Wälder nachhaltig zu betreiben – das würde ihre Gewinne drücken. Und von den Regierungen werde keinerlei Druck für mehr Nachhaltigkeit ausgeübt. Zu wichtig sei in diesen Ländern die Forstindustrie, so Achermann.

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