Der Handel auf dem Gebiet der heutigen Schweiz war während Jahrhunderten umständlich und teuer. Noch Mitte des 19. Jahrhunderts gab es mehr als 400 Zollstationen: an Kantonsgrenzen, an Brücken, an Stadttoren. Jedes Mal mussten die Kaufleute auf die transportierten Waren Zoll zahlen, wenn sie an einer solchen Station vorbeikamen.
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Bild 1 von 2. Das Holzhaus in der Luzerner Gemeinde Horw stammt aus dem 15. Jahrhundert und diente bis 1848 als Zollhaus. Hier erfasste der Zöllner die Warenart sowie das Gewicht und erhob entsprechend Zoll. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
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Bild 2 von 2. Das Zollhaus erfüllte seinen Zweck bis 1848. Mit der Gründung der Schweiz wurden alle Binnenzölle abgeschafft und das Haus verlor seine Funktion als «Amtsstube». Heute ist die ehemalige Zollstation ein Wohnhaus. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
«Das war ein enorm aufwändiger und langwieriger Prozess.» So beschreibt Christoph Schaltegger, Professor für politische Ökonomie an der Universität Luzern, den damaligen Alltag der Kaufleute. Deswegen haben die Händler versucht, jene Routen zu wählen, an denen sie die Zöllner und das Prozedere kannten, um die Zollabfertigung zu beschleunigen.
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Bild 1 von 2. Die Zollkarte von 1825. Darauf sind sämtliche Zollstationen mit einem «Z» gekennzeichnet. Insgesamt waren es mehr als 400 Zollstellen. Bildquelle: Schweizerisches Bundesarchiv, Bern.
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Bild 2 von 2. Die damalige Zollstation «Winkel» war jene Zollstation, die heute in der Gemeinde Horw liegt. Bildquelle: Schweizerisches Bundesarchiv, Bern.
Trotz der Klagen der Kaufleute blieben alle Versuche, die Zölle innerhalb der Eidgenossenschaft abzuschaffen, erfolglos. Stets scheiterten entsprechende Vorhaben am Widerstand einzelner Kantone.
Mehrere Kantone leisten Widerstand
Vor allem Uri, Wallis, Graubünden und Tessin, die wesentlich vom Handel lebten, wehrten sich gegen eine Aufhebung der Zölle. Die Zolleinnahmen machten je nach Jahr 50 bis 90 Prozent der kantonalen Einnahmen aus. Darauf konnten und wollten die Kantone, die souverän waren, nicht verzichten.
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Bild 1 von 2. Christoph Schaltegger ist Professor für politische Ökonomie an der Universität Luzern. Im Frühling 2025 hat er zusammen mit Thomas Studer ein Buch zur Finanzgeschichte der Schweiz publiziert. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
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Bild 2 von 2. Christoph Schaltegger steht vor dem ehemaligen Zollhaus in Horw. Das Haus steht exemplarisch für den bürokratischen Handel auf dem Gebiet der heutigen Schweiz. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
Allerdings wurde das Klagen der Kaufleute zu Beginn des 19. Jahrhunderts lauter. Die Binnenzölle in der Eidgenossenschaft wurden zu einem grossen Thema. Dies hatte unter anderem damit zu tun, dass Europa wirtschaftlich zu florieren begann: Im umliegenden Ausland wurden erste Eisenbahnen gebaut, die Industrialisierung nahm Fahrt auf und Länder wie Grossbritannien vereinfachten den Handel. «Die Furcht war, dass die Schweiz abgehängt wird und die Handelsleute einen Umweg um die Schweiz machen», fasst Christoph Schaltegger die damalige Situation zusammen.
Mit einem Satz wurden sämtliche Binnenzölle aufgehoben
Mit der Gründung der modernen Schweiz 1848 wurden schliesslich sämtliche Binnenzölle abgeschafft. Allerdings gaben die Kantone ihren Widerstand erst auf, nachdem die Gründerväter in der Bundesverfassung festgehalten hatten, dass der neu geschaffene Bund die Kantone für die wegfallenden Zolleinnahmen entschädigt. «Insofern ist mit der Staatsgründung 1848 gleich auch der erste Finanzausgleich institutionalisiert worden», erklärt Christoph Schaltegger. Letztlich wurden die kantonalen Zölle mit einem einzigen Satz aufgehoben.
Fortan waren nicht mehr die Kantone für die Zölle zuständig, sondern der Bund, der die Zölle nur noch an der Landesgrenze erhob.
Sprudelnde Einnahmen und wirtschaftlicher Aufschwung
Mit der Aufhebung der kantonalen Zölle entstand ein zollfreier Binnenmarkt. Dieser Umstand vereinfachte den Handel massiv und begünstigte den wirtschaftlichen Aufschwung auch in der Schweiz. Wenig später kam die Vereinheitlichung der Schweizer Währung hinzu, die dem innerschweizerischen Warenaustausch zusätzlich Auftrieb verlieh.
Nach der Gründung der Schweiz gab es nie mehr ein Bestreben, die kantonalen Zölle wieder einzuführen; zu offensichtlich waren die damit verbundenen Nachteile. Zudem flossen die Zolleinnahmen an der Landesgrenze derart üppig, dass der Bund die Kantone problemlos entschädigen konnte, ohne – wie von Kritikern vor 1848 befürchtet – in einen finanziellen Engpass zu geraten.