«Telebasel - das isch Züri» - mit diesem peinlichen Versprecher wurde Karin Müller vor rund sechs Jahren in der Region Basel auf einen Schlag bekannt. Als Nachfolgerin des langjährigen Chefs Willie Surbeck stellte Müller den Lokalsender radikal um: Die Nachrichten wurden kürzer, das Onlineangebot wurde ausgebaut und es gab mehr Platz für sogenannte People-Formate. Nun verabschiedet sich Karin Müller von Telebasel und von Basel: Sie wird neue Leiterin des RAV in Meilen ZH.
SRF Regionaljournal: Wie schwer fiel ihnen der Entscheid, Telebasel zu verlassen?
Karin Müller: Ich habe mir das sehr gut überlegt, aber dann doch loszulassen, ist nicht einfach. Es war eine sehr emotionale Woche. Ich bin ein bisschen traurig, weil ich sechs Jahre lang mit viel Herzblut hier geschaltet und gewaltet habe. Es gab viele Reaktionen, die mich überwältigt haben: Sehr viele Glückwünsche und sehr viel Verständnis.
In welchem Zustand hinterlassen sie Telebasel?
In einem guten Zustand. Wir haben ein gutes Fundament gebaut mit diesem Relaunch. Wir haben ein gutes Team. Es geht immer weiter, es folgen weitere Neuerungen nach den Sommerferien. Wir haben im Online 1'200 Mal mehr User als zu Beginn und beim TV die Zahlen halten können.
Ein voller Erfolg?
Ja, ich habe mir überlegt, was hätte man anders machen können? Ich würde es wieder gleich machen, ich bin stolz, auf das was wir als Team erreicht haben.
Es gab in ihrer Zeit viele Abgänge, bringen sie Unruhe in ein Unternehmen?
Wir sind ein Ausbildungssender. Wenn jemand bei uns zwei bis drei Jahre bleibt, ist dies eine lange Zeit. Mit den radikalen Neuerungen habe ich mich auch bei Zuschauern nicht nur beliebt gemacht.
Eine Frau versuchte, mich auf offener Strasse anzuspucken, ein Mann drohte, mich zu erschiessen.
Eine Frau versuchte, mich auf offener Strasse anzuspucken, ein Mann drohte, mich zu erschiessen. Da hiess es: Jetzt kommt die Müller und macht alles anders, das Böse kommt aus Zürich. Wenn man einen Wechsel macht, sind nicht alle einverstanden. Das weckt grosse Emotionen, gerade bei einem lokalen Sender, der sah bei den Leuten ist.
Die Medienszene befindet sich in einem grossen Wandel. Glauben sie noch an eine Zukunft des Lokaljournalismus?
Auf jeden Fall. Wenn der Journalismus eine Kraft hat, dann ist es der Regionaljournalismus.
Telebasel berichtet aber auch immer wieder über überregionale, sogar internationale Themen. Wie stark liegt Ihnen den die regionale Berichterstattung am Herzen?
Ich finde, die Mischung ist wichtig. Eine Mischung aus dem kleinen Lokalen, gemischt mit Elementen, mit denen man viele Zuschauer abholen kann.
Sie haben vor Telebasel in Zürich gewohnt, sie haben auch während ihrer Zeit bei Telebasel ihre Wohnung in Zürich nicht aufgegeben und ihre neue Stelle ist in Zürich. Sind Sie eine Heimweh-Züricherin in Basel?
Ich bin primär Aescherin und dann bin ich Schweizerin.
Waren Sie als Chefredaktorin zu wenig auf Basel fokussiert?
Ich sehe diese Verbindung mit Zürich eher als Vorteil an. So habe ich einen Aussenblick auf die Region Basel beibehalten können. Diese Distanz hat mir auch geholfen, mich nicht zu sehr mit hiesigen Akteuren anzubandeln, was wichtig war und noch ist für meine Arbeit als Moderatorin und Journalistin.
Was hat sich in der Medienbranche am meisten verändert, wenn Sie auf die letzten 30 Jahre Ihrer Karriere zurückschauen?
Früher war alles langsamer, man hatte mehr Zeit für weniger. Es gab beim Radio DRS3 beispielsweise auch wahnsinnig viele Charakterköpfe. Die Protagonisten haben sich verändert und natürlich die Mittel. Die Medienbranche muss mit immer weniger auskommen und Leute werden entlassen.
Sind Sie also froh, dass Sie die Medienwelt verlassen?
Ich hoffe und freue mich eher darauf, etwas zurückgeben zu können. In meinem letzten Drittel meines Berufslebens möchte ich etwas Konkretes bewegen können. Beim Arbeitsvermittlungsamt werde ich mit Schicksalen auf eine ganz andere Weise konfrontiert sein, wie als Medienmacherin. Das fasziniert mich und darauf will ich mich einlassen.
Das Gespräch führte Martina Polek.