Rache schmeckt wohl tatsächlich am besten kalt: Triumphierten die Grünen vor vier Jahren auf Kosten der CVP, ist es vier Jahre später genau umgekehrt: Ihre Kandidatin Silvia Steiner schnappt dem Grünen Martin Graf den Sitz wieder weg.
Nach seiner Abwahl ist Martin Graf begreiflicherweise sehr enttäuscht:
Man sieht es mir vielleicht nicht an - aber eine Abwahl ist auch ein wenig eine Schmach oder eine Niederlage.
Die Gründe, meint Graf, würden zum einen sicher beim Fall Carlos liegen. Dieser habe ihm ein Bein gestellt, «aber nicht nur». Gewisse Medien hätten gezielt auf eine Abwahl hingearbeitet. Auch, dass die Grünen bei den Parlamentswahlen eingebrochen sind, habe ihm bestimmt nicht geholfen.
Für die Zukunft will Graf etwas ganz Neues anpacken. Was es ist, wollte und konnte er am Sonntag aber noch nicht sagen.
Warum Martin Graf den Sitz verloren hat
Brigitte Weibel: Wie sieht die Lage beim Regierungsrat aus?
Michael Hermann: Von den zwei, die sich um den letzten Platz gestritten haben, wird es Carmen Walker Späh sein. Der Abstand ist nicht mehr einholbar. Es ist nicht mehr so eng, wie es ausgesehen hat. Die Stadt Zürich hat sie besser unterstützt als erwartet. Darum sieht es danach aus, dass Martin Graf wirklich abgewählt ist.
Brigitte Weibel: Warum wurde es denn eine Zitterpartie?
Michael Hermann: Das war schon ein wenig überraschend. Es haben eigentlich alle damit gerechnet, dass Walker Späh die Wahl recht gut schafft, vor allem wenn man schaut, wie gut die FDP aufgestellt ist. Sie ging aber eigentlich unter im Wahlkampf, in dem vor allem Silvia Steiner, die mögliche Abwahl von Martin Graf oder Nichtwahl von Jaqueline Fehr sehr stark ein Thema war. Carmen Walker Späh hat wenig auf sich aufmerksam gemacht. Das hat ihr jetzt ein wenig geschadet, auch dann, als die SVP für Steiner mobilisiert hat. Es sieht so aus, dass bei der SVP-Basis Silvia Steiner besser ankommt als die eher feministische Walker Späh.
Brigitte Weibel: Warum wurde Martin Graf abgewählt?
Michael Hermann: Man muss auch sehen, dass es bisher nie vorgekommen ist, dass drei Linke wiedergewählt in der Regierung bestätigt wurden. Das wäre auch ein Novum. Der Kanton ist sehr bürgerlich und zudem ist Martin Graf vor vier Jahren nur knapp gewählt worden. Fukushima war auch noch ein Thema, das gab Graf sicher noch Rückenwind. Und das Thema Carlos hat ihm geschadet, da hat er wohl nicht nur bei den Bürgerlichen, sondern auch bei Linken schlecht gepunktet. Zudem hatte er nicht die ganze Unterstützung der SP.
Brigitte Weibel: Wie ist die Situation im Kantonsrat? Warum gewinnt die FDP?
Michael Hermann: Es ist ein nationaler Trend, den wir heute hier noch verstärkt sehen. Es ist wirklich erstaunlich, wie die FDP hier ein Comeback schafft. Das ist, nachdem sie jahrelang verloren hat, sehr überraschend. Zürich zeigt solche Trends verstärkt.