Mit einer unbewilligten Demonstration unter dem Motto «Tanz dich frei!» haben am 21. September 2013 mehrere hundert junge Leute in Winterthur mehr Freiräume gefordert. Die Polizei hinderte die Demonstranten an einem Umzug. Die Situation eskalierte – es wurden 93 Personen verhaftet und elf verletzt. Die Ausschreitungen beschäftigen die Gerichte bis heute.
Um solche Ereignisse künftig zu verhindern, holte die Stadträtin Barbara Günthard-Maier (FDP) Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung, der Polizei, der Club-Betreiber und Jungparteien an einen Tisch. Das Ziel dieser Runde: Winterthur als lebendige Stadt erhalten, aber auch den Wunsch der Anwohner nach Ruhe berücksichtigen.
Ein Stadtpolizist auf Kneipentour
Ein konkretes Ergebnis dieses runden Tisches ist die Schaffung eines «Mr. Nachtleben» für Winterthur. Dieser heisst Hans Wüst und steht seit 32 Jahren im Dienst der Winterthurer Stadtpolizei. Nun geht der Polizist also seit einem Jahr als Kultur- und Gastromanager von Berufes wegen auf Kneipentour.
Er funktioniert als Ansprechperson für die Gastrobetreiber und hilft ihnen beispielsweise, wenn sie Bewilligungen beschaffen müssen, oder berät sie bei der Vorbereitung von Anlässen.
Barbetreiber sind erfreut
Bei den Clubs kommt der Nachtleben-Polizist gut an. Laut Martin Kaiser, Präsident der Club- und Barvereinigung Winterthur, ist die Zusammenarbeit mit den Behörden einfacher geworden: «Es herrscht jetzt eine offene Haltung.» Ideen würden nicht von Anfang an abgeblockt, sondern man höre zu und suche gemeinsam nach Lösungen, so Kaiser weiter.
Zahl der Lokale stark angestiegen
Und auch die Zahlen belegen, weshalb es den «Mr. Nachtleben» Hans Wüst als Vermittler zwischen Bar-Betrieben und Behörden benötigt. In Winterthur gibt es heute doppelt so viele Bar- und Gastrobetriebe als noch im Jahr 1996. Vor zwanzig Jahren waren 225 Bars und Clubs registriert – heute können die Winterthurerinnen und Winterthurer zwischen 489 Lokalen auswählen.
Vor allem aber haben viel mehr dieser Clubs auch nachts geöffnet. Also dann, wenn laute Musik und johlende Gäste die Anwohner am stärksten stören. Fünf Mal so viele Clubs als noch vor zwanzig Jahren empfangen heute ihre Besucher auch abends und nachts.
Mit diesem Wachstum ist das Personal bei der zuständigen Verwaltungspolizei nicht mitgegangen. Wegen des Spardrucks sei das Pensum nicht ausgebaut worden. Mit Hans Wüst hat die Winterthurer Polizei seit einem Jahr nun aber einen Mann, der im direkten Kontakt mit den Clubs steht.