Fürs neue Schuljahr 2015/15 fehlen im Kanton Zürich Anfang Juni noch 56 Kindergärtnerinnen, davon 33 Klassenlehrerstellen und 23 Kleinpensen. Martin Wendelspiess bestätigt auf Anfrage des «Regionaljournals», dass die Gefahr bestehe, nicht für jede Stelle eine diplomierte Kindergärtnerin zu finden.
Keine Bäcker oder Coiffeusen für die Kleinsten
Die Anstellung von nicht diplomiertem Personal sei jedoch nur «die letzte Massnahme, wenn alle Bemühungen nichts fruchten», betont Wendelspiess. Es würden auch keine Bäcker oder Coiffeusen angestellt, sondern Personen mit einer ähnlichen Berufserfahrung wie zum Beispiel Kleinkind-Erzieherinnen oder Spielgruppen-Leiterinnen. Sie würden zudem Unterstützung mit Einstiegskursen erhalten, Begleitung durch einen Coach und die Hilfe von Schulleitungen und erfahrenen Berufskolleginnen.
Brigitte Fleuti, Präsidentin des Zürcher Kindergartenverbandes, begrüsst die begleitenden Massnahmen, findet sie jedoch ungenügend. Die Entwicklung als Ganzes findet sie besorgniserregend:
Es genügt in unserem Beruf nicht, wenn jemand Kinder gern hat.
Der Beruf sei äusserst anspruchsvoll geworden in den letzten Jahren. «Es ist wichtig, dass die Jüngsten nicht Personen überlassen werden, die keine spezifische Ausbildung haben.» Es gehe nicht an, dass jemand unterrichte, der nicht genau Bescheid wisse, wie Bildung, Entwicklung und Förderung von vierjährigen Kindern aussehe. Fleuti sieht deshalb sowohl den Bildungsauftrag als auch das Wohl der Kinder in Gefahr.
Kleine Pensen sind nicht mehr erlaubt
Brigitte Fleuti würde es begrüssen, wenn der Kanton statt undiplomiertem Personal die Kleinstpensen für Kindergärtnerinnen wieder einführen würde. «Diese würden insbesondere Kindergärtnerinnen nach der Babypause den Berufseinstieg erleichtern.» Genau diese Kleinstpensen hat das Volksschulamt – mit dem Segen der Stimmbevölkerung – per 2015/16 jedoch abgeschafft.
Skepsis auch bei den Schulbehörden
Auch die Schulbehörden halten nicht viel von der neuen Möglichkeit. «Wir würden dieses Mittel nur im äussersten Notfall in Betracht ziehen», erklärt zum Beispiel Barbara Grisch, Präsidentin des Schulkreises Letzi in der Stadt Zürich. In einem solchen Fall müsse man genau hinschauen, was die Person mitbringt und man müsse sie gut begleiten. Auf jeden Fall müsse sie bereits Erfahrung im Umgang mit Kindern dieser Altersstufe mitbringen.
Einfach irgend jemanden nehmen - das würden wir selbstverständlich nicht.
Auch Roger Isler, Schulpräsident von Kloten, würde lieber auf die neue Möglichkeit verzichten. Ein Loch würde er allenfalls mit Hilfe eines Vikariats überbrücken. «Das Ziel muss aber sein, dieses so bald als möglich mit einer diplomierten Kindergarten-Lehrperson zu beenden», hält er gegenüber dem «Regionaljournal» fest.
Beim Volksschulamt weiss man um die Einwände und Bedenken und ist mit der Notmassnahme auch nicht glücklich. «Im Moment besteht dazu jedoch keine Alternative», bedauert Martin Wendelspiess.