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Berlin Alexanderplatz um 1905 von Heinrich Zille
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«Ick kieke, staune, wundre mir» ...über berlinerische Gedichte

Wie astreines Berlinerisch klingt, ob es überhaupt ein Dialekt ist, wer diesen heute noch spricht und ob BerlinerInnen mit ihrer berüchtigten «Berliner Schnauze» grundsätzlich unfreundliche Menschen sind - auf solche Fragen geben die Gedichte und die Herausgeber des Sammelbandes Auskunft.

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Das gabs noch nie: Eine Sammlung von über 250 Gedichten und Kurztexten im Stadtdialekt von Berlin. Texte, die das Leben der BerlinerInnen und die Eigenheiten ihrer Sprache über beinahe 200 Jahre spiegeln - und zwar in den Worten der sprichwörtlichen Berliner Schnauze: Direkt und ungeschminkt.

Spiegel der Stadtgeschichte
Ob gescheiterte 48er-Revolution, Kaiserzeit, Weimarer Republik, Nazi-Herrschaft, geteilte Stadt oder die Zeit nach der Wiedervereinigung: Immer ist es in den Gedichten der Blick von unten, der auf die herrschenden Verhältnisse geworfen wird, mit den Augen des Eckenstehers Nante oder der selbstbewussten Dienstmagd, des verfemten Künstlers oder der schnauzigen Fischhändlerin, die selbstbewusst meint: «Jrob? Dazu sind wir zu feine!».

Kritischer Blick von «unten»
Ätzende Kritik an den Reichen und Mächtigen, satirische Überzeichnung der Verhältnisse, der humorvolle Blick auf sich selber, die Liebe zu dieser grossen, kalten Stadt und manchmal auch unverhohlene Verzweiflung über die grassierende Not. Das alles bringen die AutorInnen zum Ausdruck. Darunter viele Unbekannte oder Vergessene, aber auch berühmte Namen wie Theodor Fontane, Kurt Tucholsky oder Wolf Biermann.

In der Schnabelweid kommen zwei der Herausgeber sowie zwei Berliner zu Wort, die im Alltag gelegentlich Berlinerisch reden. Natürlich sind auch Gedichte aus dem Sammelband zu hören - darunter das berühmte «Icke», das jede Berlinerin und jeder Berliner zumindest der Spur nach kennt, verfasst um 1925 von einem Autor mit dem Pseudonym Jean de Bourgois:

«Ick sitze da un esse Klops.
Uff eemal klopp's.
Ick kieke, staune, wundre mir,
Uff eemal jeht se uff, de Tür.
Nanu denk' ick, ick denk' nanu,
Jetzt is se uff, erscht war se zu?
Un ick jeh raus un blicke
Un wer steht draussen? - Icke!

Buchtipps

  • "Ick kieke, staune, wundre mir...". Berlinerische Gedichte von 1830 bis heute. Gesammelt und ediert von Thilo Bock, Wilfried Ihrig, Ulrich Janetzki. Verlag Die Andere Bibliothek, Berlin, 2017. Zweite Auflage
  • Uderzo, Albert und Goscinny, René: «Asterix balinat». Der große Sammelband auf Berlinerisch. Übersetzung: Hallervorden, Dieter; Scherfling, Kalle; Locke, Silke; Kugler, Sven. Ehapa Comic Collection 2017

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