Soll die Betreuung von Angehörigen entschädigt werden?
Der Fall von Regula Zuppiger (Name geändert) aus dem Kanton Bern steht für viele ähnliche: Vor einigen Jahren erkrankte ihre betagte Mutter an Alzheimer. Damit die Mutter nicht ins Pflegeheim umziehen und ihre Wohnung aufgeben musste, entschied sich die Tochter, jeden Tag zur Mutter zu fahren und ihr zu helfen.
Grosser Aufwand
Tag für Tag fuhr Regula Zuppiger zu ihrer Mutter, ging für sie einkaufen, kochte und putzte für sie und machte Ausflüge mit ihr. Zu den Betreuungsstunden kam die Fahrzeit hinzu. Da sich der Gesundheitszustand der Mutter verschlechterte, nahm der Betreuungsaufwand ständig zu.
Grosse Belastung
Daneben musste die alleinerziehende Regula Zuppiger ihren eigenen Haushalt führen und sich um die Kinder kümmern. Wegen der grossen Belastung gab Zuppiger schliesslich ihre Stelle auf. Ihre Mutter wollte ihr den Erwerbsausfall decken und ihr einen Lohn zahlen für die Betreuung und Pflege.
Grosser Konflikt
Doch nun war der Bruder von Regula Zuppiger nicht einverstanden: Er wehrte sich dagegen, dass die Schwester von der Mutter einen Lohn erhielt, und schaltete die Erwachsenenschutzbehörde ein. Die Behörde entschied im Sinne des Sohnes und annullierte den Arbeitsvertrag – Regula Zuppiger erhielt also keine Entschädigung für ihren grossen Aufwand.
Grosses Problem
Seit einigen Monaten lebt die Mutter in einem Pflegeheim. Und Regula Zuppiger landete beim Sozialamt: Sie hatte zwar dafür gesorgt, dass ihre Mutter noch so lange wie möglich in der eigenen Wohnung bleiben konnte, aber ihre eigene finanzielle Situation ruiniert.
Zwar hat die Politik dieses Problem erkannt und ein neues Gesetz verabschiedet, das die Situation von pflegenden Angehörigen verbessern soll. Aber wirklich geholfen ist damit den Betroffenen nicht – denn das Gesetz sieht keine finanzielle Entschädigung vor.
Diskussion im «Forum»
Braucht es also eine Art Betreuungslohn? Und wer soll ihn bezahlen? Über diese Fragen redeten wir in der Sendung «Forum» auf Radio SRF 1 gemeinsam mit Hörerinnen und Hörern.
Die Gäste in der Sendung:
- Fränzi Nobs, Betroffene aus Huttwil (BE). Sie hat ihre Mutter gepflegt und deswegen ihre Stelle aufgeben müssen.
- Sonya Kuchen, Leiterin Fachstellen Pro Senectute Schweiz
- Martin Klöti, Regierungsrat Kanton St. Gallen, Präsident der Sozialdirektorenkonferenz SODK